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Jürgen Feuerstein Interview

Jürgen Feuerstein aus dem badischen Lahr ist der Mann hinter belton Molotow. Mit ilovegraffiti sprach der Lahrer Farbenspezialist über Molotow, den Zustand des Graffiti Marktes, Produkte, Kunstharz, Nitro Alkyd, James Brown, schwarzwälder Streetart oder die Motivation immer wieder neues auszuprobieren. Ein langes aber interessantes Interview mit einem der Pioniere im Graffbusiness.

So starten wir unsere Interview Reihe nicht wie gewohnt mit einem Writer, eher mit einem Protagonisten der Szene. Hier ist der Spagat zwischen Schleichwerbung und Interview zwar da aber man kommt eben nicht drum herum um einige interessante Backstage Informationen zu bekommen. Die nächsten Interviews folgen dann step by step, hier erstmal Jürgen Feuerstein von belton Molotow im Gespräch mit ilovegraffiti

Lass uns mit ein wenig Hintergrund über Dich einsteigen. Wie kommt Jürgen Feuerstein aus Lahr im Schwarzwald dazu eine führende Sprühdosenlinie auf dem weltweiten Graffiti Markt derartig zu etablieren? Wann und wie beginnt die Geschichte von Molotow?

Nun, wir sind ein traditionelles Farbengeschäft welches seit 1959 als Familien Unternehmen existiert. Ich selbst habe in den 80ern als DJ viel aufgelegt, war und bin ein Freund von amerikanischen Autos, von Muscle Cars, die Ihren extremsten Höhepunkt in Form und Design in den Jahren 1968 -1971 hatten. In unserer heimischen Autolack Abteilung lief in den 90ern auf meinem SL1200 MK2 während des regulären Farbenverkaufs der originale Funk mit beispielsweise James Brown, Issac Hays, Bohannon und anderen Groove Master Legenden. Diese Musik war es wohl welche mich letztendlich auch in Kontakt zu Offenburger Writern brachte. Ich glaube 1995 habe ich die ersten Sprühdosen wissentlich an Graffiti Writer verkauft. Damals noch Sparvar, welche wir dem kanadischen Militär schon 1990 in größeren Mengen im Tarn Farbton Nato-Olive RAL 6014 verkauften. Im Verkaufsladen hatte ich das komplette RAL Sortiment und die altbekannten Modefarbtöne, eigentlich das ganze Sparvar Farbtsortiment. Nach der Kommunikation mit den Writern suchte ich Kontakte zu allen Spraydosenhersteller und bin zuerst bei Motop-Dupli gelandet und setzte dann über zur Peter Kwasny GmbH. Molotow war geboren.

Wie groß kann man sich denn die Firma Molotow heute vorstellen?

Wie groß? 5000 Mitarbeiter (lacht)…also wir sind im Grunde genommen eine kleine hochmotivierte Crew von 16 Leuten die alles rund um Molotow in die Wege leitet. Die Produkteinstellung und Idee ist so eher mein Bereich wobei ich da auch Unterstützung von unseren tollen Leuten oder Künstlern selbst bekomme. Die Firma hier in Lahr befindet sich auf einem ehemaligen kanadischen Kasernengelände. Hier ist der Versand, das Endkundengeschäft, ein Teil des Großhandels, das Marketing und spezielle Präsentationen untergebracht. Auch die Galerie K31 befindet sich hier, welche meiner Meinung nach eine entscheidende Rolle in der Aerosol Art Szene einnimmt, da wir schon früh angefangen haben Künstler eine derartige Plattform zu bieten.

Molotow hat erst vor einigen Tagen den neuesten Großhandelskatalog gedruckt. Was mir auffällt im Unterschied zu den späten Neunzigern: es hat sich in der Produktpalette einiges getan. Ich kenne keine zweite Marke welche mehr Produkte auf dem Markt hat. Die sehr intensiven Erklärungen zu Technologien und Innovation scheinen dabei eine wichtige Rolle zu spielen, im Gegensatz zu Mitbewerbern hat Molotow ein großes Mitteilungsbedürfnis Produkte bis in das letzte Detail zu erklären, warum macht ihr das?

Ja der Produktkatalog 2009 ist der Hammer. Ich bin selbst erschrocken wie viele Produkte wir haben und neu im Programm sind. Da hat sich wirklich enorm viel getan. Die High-Pressure im Bereich Spraydosen, im Bereich Marker und Tinten die meiner Meinung nach revolutionäre Entwicklung One4All, welche eine 2jährige Entwicklungsphase in Anspruch genommen hat. Mit dieser Linie ist es uns endlich gelungen ein “Auftragswerkzeug” zu kreieren welches alles andere in den Schatten stellt und extrem viele neue Anforderungen in der Anwendung in einer Linie vereint. Um die Möglichkeiten des Auftrages und der Verwendung aufzuzeigen müssen wir natürlich enorm aufklären. Du musst wissen, wir geben uns auf keinen Fall damit zufrieden irgendwelche “Industrieprodukte” lediglich mit einem Graffiti Label zu bekleben, der Anreiz ist neue Wege zu gehen und vor allem die Grundlagen zu schaffen damit neue Techniken entstehen können. Und das alles in mehr als bester Qualität zum bestmöglichen Preis. Das ist der Anspruch unserer Molotow-Produkte. Und zum Entdecken muss man versuchen die Möglichkeiten anzusprechen um letztendlich zu erreichen das Künstler oder Anwender damit experimentieren. Das ist wichtig. Also geben wir zum Teil Anstöße und Ideen zur Technikerweiterung – das ist unser Weg, unser Kredo und das ist auch unsere Zukunft. „Innovate, don’t immitate“ by the way da fallen mir viele Beispiele ein, das ist sehr spannend. Ein Blick in unsere hauseigene Hall of Fame zeigt wie viel wir ausprobieren, tolle Sachen und ich bin da immer über Input wie zum Beispiel von „Antistatic“ aus Strasbourg sehr dankbar. Tolle Sachen.

Wie entstand die Idee zu One4All, was genau ist das und wie setzt man es denn ein?

Ich wollte unbedingt mit einer Marker-Linie rauskommen die ähnlich unserem Kaiserprodukt der Belton Molotow-Premium funktioniert und eine Referenz in Sachen Farbe und Anwendungsmöglichkeit wird.

Für mich war dann klar, daß es ein Lack sein muss welcher zum einen wetter- und UV-beständig ist und zum anderen höchstmögliche Umweltverträglichkeit garantiert. Es ist schade, daß die meisten Produzenten heutzutage keinerlei Rücksicht mehr auf solche Dinge nehmen, obwohl das der richtige Weg ist. However, ich wollte einen Lack mit extrem vielen verschieden Anwendungsmöglichkeiten. Neben dem normalen Refill was ja jeder produzieren kann, sollte es eben auch airbrush-tauglich sein, mit dem herkömmlichen Pinsel zu verarbeiten und als Abtönfarbe taugen, und, und, und. So habe ich mir ein tolles neues Produkt vorgestellt welches ich als Brückenprodukt zu unseren Sprühdosen sehen kann! Was dabei herausgekommen ist grenzt meiner Meinung nach an eine Revolution. Ich meine schau mal, die One4All Tinte ist eigentlich eine hoch pigmentierte Lack-Farbe basierend auf neuartigem Acryl, ihr kennt das als wasserverdünnbar. Der große Unterschied eben, wie erwähnt, wetterbeständig,UV-resistent und hochdeckend. Und das abolute Novum: du kannst unter minimaler Beigabe von speziellem Aceton die Farbe so einstellen das diese sogar auf problematischen Untergründen wie Leder oder Kunststoff extrem gut hält, speziell die Sneaker Customizer wird das interessieren. Das ist natürlich für Airbrusher der Hit, Acrylfarben aus der Airbrush Pistole waren immer ein Problem, jetzt funktioniert die Reinigung super einfach: nach dem Arbeiten einfach die Pistole mit gutem Aceton spülen…ganz nebenbei ist dann die Farbe auch schwer zu buffen.

…ich unterbreche Dich mal kurz um im Interview voranzukommen

..überall da wo ich einen deckenden Farbauftrag benötige, im In- und Outdoorbereich – die Untergründe sind schier unendlich aufzählbar. Durch die 18 Farbtöne und die Mischbarkeit sind fast alle Farbtöne selbst herzustellen. Mix it up, lets rock.

Und “Made in Germany”?

na klar. ich war bei allen Farbenherstellern + Pigmentherstellern, keiner konnte die vorhandenen Molotow Wunschfarben definieren, das war ein fettes Stück Arbeit. Ich musste Überzeugungsarbeit leisten damit die Industrie überhaupt dem noch nie von ihnen verlangten ” Anwendungsspektrum ” gerecht wird….du musst wissen das kostet die Firmen und auch uns verdammt viel Zeit und die ist bekanntlich teuer. Naja. und ich kann das nur mit Leuten welche meine Muttersprache sprechen, wenn auch mit badischen Dialekt. Um meine genauen Vorstellungen der Farbeinstellung auf den Punkt zu bringen! Ich sage dir, wenn du da nicht am Ball bleibst dann geht da nichts und ich habe mich auch nicht von der Ignoranz diverser hochnäsiger Hersteller abhalten lassen. Never…wir bleiben immer am Ball..was uns auch verdammt Spaß macht. Zufriedene Anwender und neue Techniken sind eh und je das höchste Ziel für mich. Ich kann High-Tech Produkte nur in Zusammenarbeit mit deutschsprachigen Partnern und Lieferanten entwickeln, zudem werden in Deutschland eh die besten und hochwertigsten Rohstoffe verarbeitet.

Mit dem Masterpiece oder dem Transformer setzt Molotow auf weitere Neuheiten welche so im Markt noch nicht angeboten werden, ich habe desöfteren registrierte Patentrechte im Katalog gesehen?

Gut aufgepasst, ich sehe du hast gut recherchiert das gefällt mir sehr gut. Wir arbeiten mit einer deutschen Firma zusammen welche den Prototyp mit einer Spitzen Breite von 40mm seit Jahren in der Schublade hatte. Die Anforderung, einen neuen Marker lediglich auf 60mm Breite zu reduzieren war nicht reizvoll genug für mich. Ich wusste das alle Hersteller von breiten Markern Probleme mit dem zuverlässigen Farbfluss haben und es eigentlich nichts vernünftiges auf dem Markt gibt. Dafür war ich Feuer und Flamme, und habe die Herausforderung angenommen. Nach unzähligen Samples in einer langwierigen Testphase kann man schlussendlich sagen das unser Hersteller sein komplettes Know-How in unsere Idee investiert hat und letztendlich eine Meisterleistung des deutschen Formenbaus hingelegt hat. Die patentierten 8 Farbkanäle sind weltweit einmalig, der Hammer! Übrigens werden die dafür benötigten Tips in Handarbeit geschliffen weil auf der ganzen Welt niemand eine Maschine besitzt welche diese Größe fassen kann, verrückt.

Und was ist Transformer?

Die Transformer Linie soll an die gute alte „do it yourself“ Tradition anknüpfen. Alles ist untereinander austauschbar, Marker zum selbst zusammenbauen halt. Hier muss man nicht gleich einen ganzen Marker kaufen, nein nur ein neuer Kopf und schon hat man ein neues Auftragsgerät. Easy. Toll ist natürlich das man die Transformer Marker von hinten ohne Probleme nachfüllen kann. Aber das was da jetzt kommt ist erst der Anfang.

Entwickelst Du solche Produkte selbst oder treten Künstler und Writer an Dich mit Ideen heran?

Ja, aber oft kommen auch Künstler mit Ideen oder bitten mich um Rat, äußern Wünsche. Eine Zusammenarbeit mit den Künstlern selbst ist seit dem Bestehen von Molotow ein absolutes Muss und wird gehegt und gepflegt wie in keiner anderen Firma in diesem Markt, logisch.

Wie wir alle wissen schwemmen im Moment unüberschaubar viele neue Sprühdosenlinien auf den Markt. Wie differenzierst Du Molotow zu anderen Produkten?

Oja, ich habe diese Frage erwartet. Eigentlich sehr trübe dieses Thema. Ich bezeichne das was da aus viva italia oder wo auch immer herkommt gern als „Trittbrettfahrerei“. Viele dieser neuen Produkte sind meist mit billigen Regeneratoren gepanscht und mit teilweise unaktuellen Farbaufputschmitteln versehen. Der Anwender hat meist nur kurz Freude mit dem günstigeren Preis. Meist sind Unzuverlässigkeit und die unbeschreiblich schlechte Haltbarkeit das Ergebnis. Ganz ehrlich? Was soll dann billiger sein? Schon der Geruch lässt Vermutungen zu was da alles drin ist und die schlechte Trocknung, ein weiterer Punkt. Meist sind das kleinere Abfüller die weder ISO oder DIN zertifizert sind, noch ein eigenes Lack Know-How besitzen. Ich war in vielen, vielleicht in allen diesen Betrieben eingeladen und überall stehen unsere Molotow Dosen als Referenzprodukte. Früher habe ich mich darüber tierisch aufgeregt, heute denke ich darüber eigentlich entspannter. Nur Gutes wird eben kopiert. Wir haben für die Szene elementarische Grundlagen entwickelt und geschaffen, den Burner zum Beispiel. Als erstes Ohne Kugel Produkt der Welt, gilt immer noch als bestes Chrom Produkt. Das erste Teerspray, die CoversAll Linie und die Molotow-Premium Artist Linie. Alle mit den von uns entwickelten Eigenschaften wie anti-drip, all-seaon, no-dust und covers-all. Kurzum die patentierte Molotow-Technologie. Ich denke das ist eine große und klare Differenz zu anderen Mitbewerbern.

Ein ganz anderer Punkt ist das solche Leute und deren Vertriebe dem Markt eher Schaden zufügen. Ich meine sieht man es mal so: wir werben und unterstützen, zusammen mit sagen wir mal 2 weiteren Mitbewerbern, in sehr großem Umfang. Die Szene profitiert auch von uns. Es ist eine Zirkulation welche noch funktioniert sich aber schnell zum Teufelskreis wandeln kann. Warum? Wir könnten alle unterstützenden Maßnahmen einstellen und schon sind wir in der Lage den Produktpreis um einige Eurocents zu reduzieren, ja und dann? Kein Payback mehr an die Szene, keine innovativen neuen Produkte, keine Aktivitäten im Bereich Ausstellungen, keine Eventsponsorings. Super, wem bringt das was? Wir sind ein Partner für Anwendungstechniken im Rahmen von Großaufträgen, die Schnittstelle für Kunst und Kulturarbeit. Wenn wir das alles auf einmal aufgeben, keine neuen Auftragsgeräte mehr entwickeln, wem helfen wir damit? So differenzieren wir uns, neben der Qualität unserer Produkte ist uns der Payback an die Szene seit über 10 Jahren sehr wichtig.

Erst kürzlich hat auch Molotow nochmal einen drauf gesetzt und die High Pressure auf den Markt gebracht, wieder eine neue Linie?

Nun, die Molotow High Pressure ist ein „on Demand“ Produkt. Kunden haben uns gebeten sich dem Thema anzunehmen und die von uns gewohnte Zuverlässigkeit in einer Hochdruckdose zu bekommen. Ich meine vor Allem bezüglich Overkills, oder der schon angesprochenen UV-Beständigkeit lassen eigentlich alle Produkte , nach meinem Anspruch , auf dem Markt sehr zu wünschen übrig. Die Aufgabenstellung war klar: “Schnell Breit Deckend Leise und Zuverlässig.” Ein super Nebeneffekt: wir haben mit Hilfe der Firma Kwasny, unserem Sprühdosenproduzent, eine einzigartige Kombination von neuen und umweltgerechten Gasen und Lackverbindung erreicht, eine neue Generation mit konstantem einmaligem Lackauswurf. An der Stelle noch einmal mein Respekt an die Kwasny Gruppe. Glaube mir die bei Kwasny wissen was sie tun, meiner Meinung nach kommt danach erstmal lange nichts.

Wieviel “neu” verträgt der Graffiti Markt eigentlich noch?

Was verträgt der Markt, nun im Spraydosen Markt sind wir Vorreiter, das war schon immer so und wird wohl auch so bleiben. Was andere machen ist meist nur ein Nachziehen. Das ganze wird in einem großen „Markensterben“ enden. Wir treiben den Markt mit immer wieder neuen Innovationen voran. Nachdem wir jetzt dabei sind den Marker Bereich zu innovieren werden auch wieder neue Spraydosenprodukte im Molotow Labor vorbereitet. Also die Mitbewerber dürfen sich wieder auf neue Ideen freuen made by Molotow.

Wo genau liegt nun eigentlich der Unterschied zwischen einer Molotow Premium und einer Montana Gold, einer Clash, einer Sabotaz und einer spanischen Montana beispielsweise? Ich weiss von Unterschieden in der Qualität, Kunstharz, Nitro-alkyd, Nitro und so weiter. Was bedeutet das für den Writer. Die Frage welche sich immer wieder aufwirft ist doch die Preisfrage, Kunstharz Dosen sind meist günstiger und decken hervorragend. Wo liegt der Unterschied!? Speziell zu eurem Kaiserprodukt, der Molotow Premium?

Ja, diese Frage bekommen wir oft gestellt, viele denken eben Sprühdose ist gleich Sprühdose, dem ist aber nicht so. Auch Auto ist nicht gleich Auto wie jeder weiß. Also die Kwasny Nitro-Alkydal Basis ist vereinfacht gesagt, ein Zwitter aus Kunstharz – mit der guten Deckkraft und Beständigkeit – und der Nitro-Basis, welche eine schnelle Trocknung und Auffüllbarkeit mit Pigmenten besitzt. Die Firma „belton“ Kwasny hat als einziger Hersteller eine eigene derartige Lackproduktion und sich auf diesen Lacktyp spezialisiert. Die Pigmente und der Lack selbst werden bei Kwasny produziert. Übrigens nimmt Kwasny die Pigmente dafür aus dem gleichen Topf wie auch für die Autospray Produktion. Nur wird die Deckkraft in unserem Produkt durch eine zusätzliche Reibung der Pigmente stark erhöht. So wird ein klarer Hochleistungslack hergestellt. Andere Firmen müssen einen vorhandenen Lack wie Kunstharz oder mageres Acryl bei Lackproduzenten wie BASF einkaufen und mit diversen Farbaufputschmitteln versuchen die Deckkaft zu verbessern, Du verstehst den Unterschied?

Ja, teilweise schon

Beispiel. Du kannst versuchen einem alten VW Käfer einen Katalysator zu verpassen damit er den des neuen heutigen Models gerecht wird. Aber du wirst sehen das dann andere Funktionen nicht oder nur kurzfristig gut sind und meist neue Probleme auftreten. Und schlussendlich ist der alte Käfer dann immer noch die lahme völlig veraltete Gurke. Wir gehen den Weg und bauen gleich einen Hightechlack zusammen, egal was das kostet oder ob andere Leute Spraydosen billiger produzieren können, langfristig ist Qualität durch nichts zu ersetzen.

Aber wo ist der merkbare Unterschied, der Unterschied zum „Anfassen“ quasi?

Ein Großteil der Leinwände sind mit Molotow gemalt. Jeder möchte die ansehnliche Farbintensivität auch Jahre später erhalten sehen, egal ob wir jetzt über ein Werk auf einer Leinwand oder einen Zug sprechen (lacht) Würdest du als Künstler ein gutes Gefühl haben wenn du nicht sicher wärst das die Farben nicht ausbleichen- siehst Du macht doch Sinn? Klar und deshalb ist es sehr kurzfristig gedacht billige Lacke aufzupeppen, zumal die Umwelt um ein Vielfaches mehr belastet wird. Ich weiß, das ist nicht unbedingt ein „cooles“ Thema aber auch hier sehen wir uns in einer Verantwortung und müssen den User zumindest aufklären. Was ist wenn es uns egal wäre und es nach einiger Zeit keine Writer mehr gibt, aufgrund von eben Lungenproblemen? Was aber durch leichte Einstellungen das Lackes verbessert werden könnte? Du ganz einfach, nehme doch mal ein Molotow- Premium und mache einen dünnen Strich auf Styropor und daneben nimmst du Dosen deiner Wahl zum Vergleich – dann weißt du wovon ich rede. Fakt ist, es gibt Künstler welche seit 10 Jahren mit Molotow Premium sprühen, die Langzeitschäden welche andere neue Marken hervorbringen wird man sicher bald sehen.

Wie wir wissen haben einige Marken so genannte Writerteams, Du hast da bisher verzichtet. Wie wichtig ist Marketing im Graffiti Bereich für Dich!?

Jo, bis jetzt ist alles Schritt für Schritt auf uns zu gekommen. Aus einer ganz harmlosen Begebenheit heraus haben wir die ersten Farbennamen diversen Künstlern gewidmet. Wir haben die erste limited Edition im eigenen Design auf den Markt gebracht. Wir haben die ersten Low-Pressure Tools für Künstler entwickelt…du wir sind so wie wir sind ganz schön zufrieden. Writerteam? Ja irgendwie eine nette Sache, ganz ehrlich meine Meinung, für Writer temporär gut es kommt nur selten glaubwürdig rüber wie ich meine. Naja das müssen andere entscheiden, ich höre immer nur von Ärger. Ich sehe mehr Sinn die Allgemeinheit zu unterstützen. Unser Writerteam sind alle Writer auf der Welt (lacht) Marketing bedeutet für mich Aufklärung über Produkte, mehr als nur einfach cool sein. Aber für die Szene an sich finde ich Marketing wichtig da es auch der nächste Schritt ist, wie heißt es so schön : entdecke die Möglichkeiten.

Muss der deutsche Molotow Kunde im nächsten Jahr mit weiteren Preiserhöhungen rechnen? Wie wir alle wissen hat sich in der Preissituation einiges getan.

Ja, die Wahrheit ist das wir alle von einem Produkt reden das jeden Tag teurer wird, das ist so. Es wird bald kein Erdöl mehr geben, das ist Fakt und betrifft die gesamte Weltwirtschaft auch eine Firma im Graffiti Markt kommt da nicht drum herum und muss reagieren.

Auf der Molotow Premium wird offensichtlich aufgerufen “use cans for art not for vandalism”, stehst Du dazu? Oder ist das Alibi? Wie stehst Du allgemein zu dem Zwist zwischen dem legalen und illegalen Bereich der Graffiti und Streeartzene?

Ich kann mich noch gut erinnern, noch vor 10 Jahren meinten viele wie uncool der Spruch doch sei. Fakt ist, unsere Dose hat, zumindest in der Öffentlichkeit, Graffiti Kritiker zum Denken angeregt. Das hat auch schon mal in brisanten Situationen geholfen diese als Writer einfacher zu meistern und Denkanstösse zu geben. Letztendlich hat uns eben dieser Spruch im Rechtstreit mit der Deutschen Bahn zum Erfolg verholfen. War eine stressige Angelegenheit aber dazu vielleicht ein andermal. However, dieser Spruch steht auf jeden Fall für unsere Einstellung, wir wollen mit Graffiti wachsen und das auf einem bestimmten legalen Level. Die Illegalität gehört sicherlich dazu das ist schon so, unsere Produkte sind nun mal für Graffiti Writer gemacht. Und wie jeder weiß ist Graffiti in der Illegalität entstanden. Trotzdem ist diese Art sich künstlerisch zu entfalten sehr wichtig, es ist notwendig darauf hinzuweisen. Ich finde das ist der richtige Weg, das Ziel der vollen Akzeptanz dieser Kultur zur erreichen und möglichst viele Freiflächen zu bekommen. Aber zum Schluss muss jeder selbst entscheiden, Respekt habe ich vor fast Jedem, wir sind ja keine Apostel.

Wie betrachtest Du die aktuelle Entwicklung um den Mainstream Streetart Hype?

Was für ein Wort, Mainstream Streetart. Ich denke wir haben hier auch schon vor einigen Jahren eine Menge getan. Mit unseren Ausstellungen im K-31, welche ich durchaus auch den Mainstream lastigeren Events zuordnen will. Graffiti goes Art, einen entscheidenden Schwung haben wir mit unseren Ausstellungskampagnen damals gegeben, meine ich. Das hat ganz klar auch Geschichte geschrieben und das Wichtigste, es hat wie immer animiert. Es gibt mittlerweile sehr viele Streeart, Graffiti und Aerosol Art Galerien, in Off Locations wie Graffiti Stores mit Galeriekonzepten zum Beispiel, das ist toll, das ist doch was. Das Ganze wird den Leuten näher und daher auch begreiflich gemacht. Das ist teilweise auf einem sehr hohem Niveau, Dare und Toast zum Beispiel, welche mit dem Auftrag für den Kunstexperten und Altplayboy Gunter Sachs meiner Meinung nach die letzten Zweifel ausgeräumt haben Graffiti sei eine reine Straßenkunst. Verleugnen will niemand das es da herkommt aber alles entwickelt sich weiter. Das haben mittlerweile auch geschätzte Kunstexperten begriffen. Man kann diese Schritte mehr als ernst nehmen. Ich selbst liebe diese Seite von Graffiti, schau dir die Vielfalt an, Style, die verschiedenen Techniken, die wahnsinnig kreativen Umsetzungen – in keinem anderen jungen kreativen Bereich herrscht soviel Agilität. Hier entsteht was, das fühlt man, das macht Spaß

Der Schwarzwald Exportschlager in dem Bereich kommt ja aus Offenburg right?

Jo der Stefan Strumbel aka Deine Heimat. Irgendwo sollte ich noch eine Bild von ihm aus jungen Jahren haben, damals war er einer meiner ersten Angestellten welche speziell für Graffiti zuständig waren. Das war glaube ich 1996, früher oder später? Wie auch immer, der Stefan hat den Zeitgeist getroffen und ein tolles Thema aufgegriffen, eine grandiose Umsetzung die Teils aus verschiedenen Techniken definiert ist. Unser Shooting Star, Respekt. Karl Lagerfeld lässt grüßen, schon abgefahren

Du selbst bist kein Writer, Du kommst aus dem DJ Bereich meintest Du, legst Du denn heute noch immer auf?

Ich habe noch ein Bild auf dem ich mit dem Schuhmacher aus Lahr zu sehen bin, das ist der Typ welchen wir immer neben der aufblasbaren Sprühdose in unseren Katalogen und Mailings zeigen. Zusammen mit dem haben wir früher so aus Spaß einiges gemacht aber das war auf einem ganz anderen Level (lacht) Tino gibt es Dich noch? Ich selbst bin jemand der grafisch inspirierend layouten kann, grafisch. Also was selbst zu zeichnen oder kreieren, darin bin ich eine absolute Null. Aber falls jemand den besten Mann für Fillins sucht, hier bin ich, keiner ist schneller (lacht) Ich lege nur noch im kleinen Kreis auf, ganz ehrlich ich kenne meine Platten kaum noch so richtig. Jeder DJ weiß das es ein super dummes Gefühl ist wenn man in der Hektik nicht mehr die passenden Tracks findet, Aber ich werde immer wieder angesprochen. Neulich habe ich versucht zu mixen. Damals war das ja alles noch ein wenig anders, nur zur Info, zu meiner zeit waren Leute noch gern auf der Tanzfläche und freshe Mädels habe lächelnd mit dir gegrooved. Ich habe mir fest vorgenommen bald wieder an die Teller zu gehen. Anyway, back2topic ,also ich nehme Tony Baxtor ” Screaming “45” und versuchte die One Way ” Mr.Groove ” 45 zu mixen..oh Gott in dem Break war das normalerweise einfach, mit den klaren Beats..Wohl gemerkt Taktmixen, keine Scratchs, keine Cuts, das kann und konnte ich nie gut..alles hat sich angehört wie eine Galopprennbahn beim Pferderennen- der Mix war schlecht und meine Hände haben gezittert. Also auch hier geht ohne Übung eben nichts.

Kannst Du aus dem Nähkästchen plaudern? Was können wir von Molotow im Jahr 2009 erwarten?

Das Nähkästchen war ja im ganzen Interview schon weit offen. Naja weiterhin am Ball bleiben. Molotow soll eine Marke bleiben mit welcher sich unseren Kunden wohl fühlen, mit uns alt werden können. Das ist mein persönlicher Wunsch und wird der Weg von Molotow bleiben. Molotow ist nicht nur eine Marke, es ist eine Philosophie, dafür stehe ich und die ganze Molotow-Crew und alle Leute die mit uns zusammen arbeiten und je gearbeitet haben. Ist das hier eigentlich der Part im Interview zu dem ich meine Mutter, Verwandte und Freunde aufzählen soll? Muss?

Nein, nein, danke Dir für die ausführlichen Antworten! Viel Erfolg Dir und Deinem Team!

one nation under a groove. respect for Graffiti. Danke euch

Link: Molotow.com
Photos: Molotow, Martin Andreasen, ilovegraffiti