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Interview mit SCHEME aus Moskau [DEUTSCH]

Als Scheme 1989 in Moskau geboren wird befindet sich seine Heimat im großen Umbruch. Im Jahr 2004 fängt er das Printmedien Studium an, im selben Jahr hat er das erste Mal eine Sprühdose in der Hand. 3 Jahre später gründet er mit der Moskauer Ikone, dem Gründer des CodeRed Magazins Oskes das Stylekontstrukor Team. Die ersten Reisen nach Europa folgen. Ich habe mich dem talentieren Writer aus Moskau kurz unterhalten, über das Names Fest Prag, die Situation der russischen Szene, kyrillische Buchstaben und warum Moskau so sauber ist.

Das die Stylefile ab der jetzt erscheinenden Armyfile auch einige Exemplare in kyrillischer Schrift drucken lässt zeigt das eine russische Szene weiter ist wie man vielleicht denkt. Hier im Blog fanden KGM, Aske, Sick Systems oder auch Oskes und Scheme aka Stylekontruktor Erwähnung. Scheme habe ich erst vor einigen Tagen in Moskau getroffen und mich kurz mit ihm unterhalten. Heraus gekommen ist dieses kurze Interview. Von ihm hören und sehen werden wir sicher demnächst noch sehr oft.

Scheme, worin besteht für Dich der wesentliche Unterschied zwischen regulären Fonts und alphabetischer Komposition?

Nun einen Unterschied kann ich Dir selbst nicht erklären. Ich fühle nur, ich kann keine Theorien aufstellen. Irgendwann, kurz nachdem ich angefangen hatte die ersten Styles zu zeichnen und zu sprühen überkam mich schnell eine gewisse Langeweile. Ich fing an zu experimentieren, habe mich beeinflussen lassen, von vielen Dingen. Manchmal gestalte ich komplette Alphabetreihen, was ein gutes Training ist um nicht auf den Buchstaben hängen zu bleiben mit welchen man sich fast jeden Tag beschäftigt. Ich bin der festen Überzeugung das man sich so schneller entwickelt, auch sehr viel schneller seinen eigenen Stil entwickelt. Was ich mache ist ja Typografie, nur eben illustrativ, aber trotzdem arbeiten meine Buchstaben miteinander, was dem Ganzen diesen Stylewriting Touch verleiht.

Wo wir beim Thema sind, dieser Stil welchen Du ansprichst kann man in Moskau desöfteren sehen, speziell Du und Oskes haben das Ganze in den letzten Monaten oft auf Festivals in Europa gezeigt. Als eines der bekannteren Teams, gebe mir mal eine Einschätzung der aktuellen grundsätzlichen Situation in der russischen Graffiti Szene

Danke, ich bin natürlich froh das zu hören, jedoch denke ich das wir nicht die Crew in Moskau sind welche die komplette Szene repräsentieren kann. Dafür sind wir zu speziell. Ich würde aber behaupten der Großteil unserer Szene hinkt dem europäischen Level ungefähr 10 bis 15 Jahre hinterher. Das hat mehrere Gründe, soziale Verhältnisse, das Ende der Perestroika und die Auflösung der Sowjet Republiken beziehungsweise alles was da hinterher kam und kommt. Aber im Moment entwickelt sich sehr viel und sehr schnell. Zahlreiche Magazine und Videos fangen an zu dokumentieren. Das hilft und motiviert die noch kleine Szene. Der Einfluss aus Europa ist unübersehbar. Es wird viel kopiert. Zum Beispiel war Cakes aka Point aus Prag kürzlich in Moskau, kurz danach konnte man sehr viele neue Typo Skulpturen und Installationen im Stadtgebiet finden, welche stark beeinflusst wirken. Viele schauen nach Deutschland oder Skandinavien. In Russland selbst finden wenige Veranstaltungen statt. Ausstellungen zum Beispiel sind sehr selten. Meeting of Styles oder Write4Gold, daran nehmen auch wir dann Teil, schlichtweg weil es keine derartigen Events gibt. Das passiert alles leider noch viel zu selten ist aber schon sehr wichtig für eine Szene.

Pflegen die größten Szenen des Landes, also die aus St.Petersburg, Moskau, Ekaterinburg oder Novgorod eine Beziehung zueinander? Ich meine funktioniert das allzubekannte Szenen Netzwerk in Russland ebenso wie in beispielsweise Deutschland?

Weißt Du, Russland ist so groß. Die einzige Möglichkeit um in Kontakt zu bleiben ist das Internet. Fast jeder Writer in Russland hat ein Profil bei Livejournal.com. So halten wir alle miteinander Kontakt und ja, so funktioniert das auch bei uns sehr gut nur eben immer etwas langsamer. Aber das haben wir nur um miteinander zu kommunizieren, wie überall auch findet man die besten Dinge nicht im Internet. Auch ich bin da sehr vorsichtig. Ich bunker viel von meinen Werken für Ausstellungen oder ernstzunehmende Magazine oder Bücher. Nicht zuletzt auch einfach um meine Sammlung exklusiv zu halten, die die Reichweite in Printmedien hier oder überall ist letztendlich dann schon größer.

Und wo kann man im Internet mehr aus Russland sehen?

Viele haben Fotologs, nutzen Streetfiles.org oder senden es zu Ekosystem.org. Ich denke die wirklich interessanten Dinge sehen die Europäer genau über derartige Medien. Obgleich ich auch weiss das einigen Künstlern jeglicher Draht zum Internet schlichtweg fehlt.

Wie kam es zur Teilnahme am Names Fest in Prag? Ich habe da unter anderem eine große Wand von Dir und Oskes gesehen?

Dieses Festival hat mich wirklich beeindruckt. Etwas Größeres habe ich bisher nicht gesehen. Soviele interessante Künstler in einer Stadt unter einem Projekt. Ich habe letztendlich dort viele meine Vorbilder getroffen. Wir haben in Prag eine 122 Meter lange Wand gemacht. Das kyrillische Alphabet mit seinen 33 Buchstaben zueinander abgestimmt. Das war eine sehr gute Erfahrung, die Wand, die Größe, Prag, das Festival, unvergesslich, großen Respekt an die Organisatoren.

Wie würdest Du den Unterschied zwischen Streetart und Graffiti in Russland beschreiben, gibt es überhaupt einen Unterschied?

Streetart ist hier nicht mal annähernd so populär. Hier passiert dahingehend fast nichts, noch nicht. Nur einige Poster und Sticker. Aber eher selten, nicht zu vergeichen mit Berlin oder London. Generell muss man sagen, vor allem für all die Touristen welche unsere Stadt besuchen und dann meist enttäuscht werden weil man so wenig Graffiti und Streetart sieht: Moskau wird konstant gereinigt, der Buff hier ist rasend schnell. Viele malen gar nicht erst im öffentlichen Raum weil einfach die Motivation verloren gegangen ist. Nach einigen Stunden schon sind ganze Autobahn Wände oder Wände an der Line wieder geputzt, überstrichen oder oder. Das ist auch der Grund warum es hier kaum Möglichkeiten gibt eine Geschichte der Szene zu erzählen, es ist einfach nichts mehr da. Unglaublich aber es ist so. Die Trainwriter sind die einzige Szene bei uns welche tatsächlich sehr aktiv ist und konstant was macht.

Ist es nicht so das das kyrillische Alphabet in Form und Stil viel interessanter ist als beispielsweise die Latino Buchstaben!? Darauf spezialisiert sich ja niemand so wirklich oder?

Nein, einfach weil es eine weltweite Dominanz der Latino Buchstaben gibt. In Englisch zu schreiben und zu kommunizieren gehört ebenso dazu als Teil dieser Szene. Ich meine es war sehr interessant die Wand in Prag zu machen. Aber in Russland wie auch überall schreiben Writer ihre Namen in englisch.


Wie denkst Du über die aktuellen Streetart Aktivitäten von Banksy, Obey oder Blu? Inspiriert das, kommt das in Russland an?

Mir gefällt das was die machen. Ich finde es hefitg wie überaktiv die sind, wie diese Künstler letztendlich eine ganze Szene repräsentieren und fördern. Ich hoffe das da noch viel kommt. Einige Streetart Künstler hier finden ähnlichen Support, aber wenn wir mal bei dem bleiben was ich mache, dann bevorzuge ich mich davon nicht beeinflussen zu lassen. Darum habe ich irgendwann aufgehört nach meinen Stil zu suchen, ich bin der Meinung diesen gefunden zu haben und konzentrier mich darauf.

Wie können wir uns up2date halten? Gibt es eine Website von Scheme mit regelmäßigen Neuigkeiten?

Ja, wir haben eine Website. Oskes und ich, Stylekonstruktor.com. Einiges kann man dort sehen aber längst nicht alles. Wir, speziell auch ich möchte irgendwann ein Buch veröffentlichen.

Vielen Dank für das Interview!

Website Link: Stylekonstruktor.com
Photos: Scheme
Scheme MySpace: MySpace.com/schemesk
Scheme LiveJournal: schemeone.livejournal