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Honet und Captain Jack

Gestern ist das Turmkunst Projekt in Berlin-Steglitz am Bierpinsel gestartet, mit einem Zirkus wie es die Szene wohl noch nicht gesehen hat. Von einem neuen Kapitel der Geschichte der Kunst im öffentlichen Raum oder auch der größten Open Air Galerie Europas war da die Rede.

Wie das Ganze abgelaufen ist kann man der Pressemitteilung unten entnehmen. Die Event Vorbereitung war zwar gut, die Idee selbst muss man auch nicht kritisieren. Mit Partnern wie der Vicious Gallery aus Hamburg hat man sich durchaus kompetente Leute ins Boot geholt. Die dazugehörige Ausstellung und die Artworks von Poch, Flying Förtress oder auch Form76 haben uns überzeugt. Alles in Allem jedoch hat man es unserer Meinung nach nicht geschafft authentisch und mit Stil aufzutreten. Man hat den Druck der Veranstalter spüren können. Gegenüber der Presse, Politik und dem Steglitzer Rentner musste irgendwie gerechtfertigt werden was da in den nächsten 60 Tagen in 50 Metern Höhe passieren soll. Dazu wurden von 11 Uhr morgens bis 17 Uhr nachmittages alle Register gezogen. Die Glaubwürdigkeit der Idee und des Projekts hat leider stark darunter leiden müssen.

Die drei “besten Street Art Künstler Europas” Flying Förtress, Honet und SozyOne haben sich gut geschlagen, inmitten von Presse, Politik, High Society und zahlreichen Besuchern. Mit viel Geduld und gerunzelter Stirn wurden dutzende Interviews gegeben. Besonders Flying Förtress als einziger deutschsprachiger Vertreter wurde oft genutzt um der Presse den “perfekten Urban Art Künstler” zu präsentieren. Er war es dann auch welcher um 15 Uhr als Erster die Dose angesetzt hat und dem Turm einen – wie soll es anders sein, Berliner Bären zu verpassen.

Das Rahmenprogramm mit Pressekonferenz, Livingston, Udo Walz, Captain Jack, Sven Martinek, Schnittchen und Prosecco wollte irgendwie so rein gar nicht zu Honet passen. Der Franzose irrte teilweise abwesend durch den Turm und das unten stattfindende Bezirksfest, auch er musste auf die Bühne um dem Publikum zuwinken.

Gesichter und Masken sollen dem Turm aufgesetzt werden, in verschiedenen Variationen, gemischt und im Stil der Drei. KR aus New York war nicht vor Ort, es wurde aber erklärt dass er sich um den Stamm des Bierpinsels kümmern wird. Wie das Ganze aussschaut ist vorhersehbar.

In der Pressekonferenz wurde mitgeteilt dass bald auch der untere Bereich des Turmes gestaltet werden soll. Dazu werden dann Berliner Writer eingeladen.

Abgesehen vom gestrigen Opening Event bleibt das Projekt in kreativer Hinsicht allerdings interessant, wir sind gespannt auf die Arbeiten am Turm. Man hat aber eben auch erkennen können dass die Gestaltung des Bierpinsels ein nicht mehr und nicht weniger inszinierter PR Gag für mehr ist. Graffiti und Street Art dient ein weiteres Mal als trendiges und interessantes Instrument für Marketing Zwecke. Es war klar dass sich an diesem Projekt wieder die Geister scheiden, Streetart vs Graffiti vs Mainstream. Das alte Lied, immer wieder. Am Ende zählt was die Writer selbst davon haben. Wir hoffen dass jeder einzelne Künstler, Fotograf oder Kurator mit Beteiligung an derartigen Events seinem persönlichen Ziel tatsächlich näher kommt.

Weiter wollen wir das Ganze gar nicht dokumentieren, das überlassen wir anderen. Wie Master Mojo beispielsweise kommentiert in seinem Flickr Set zum Event: “Street art wasn’t assasinated; it was assimilated.” In diesem Sinne, frohe Ostern.


Aus der Turmkunst Pressemitteilung (02.April 2010)

Die erste Rednerin war Larissa Laternser, Geschäftsführerin der Schlossturm GmbH und Organisatorin des Projekts TURMKUNST 2010. Sie stellte zum Auftakt das Projekt TURMKUNST 2010 vor (Idee / Vorgeschichte / Realisierung / Teilhabende / Hintergrundinformationen). Dann sprach Christoph Tornow von der Vicious Gallery, Hamburg (einer der 3 Kuratoren von TURMKUNST 2010). Er stellte die Vicious Gallery vor und gab Informationen zu den Künstlern am und
im Turm.

Für die Frage / Antwort Runde standen Flying Förtress, erster Künstler am Turm und Ausführer des ersten ‚Pinselstrichs’ im weiteren Verlauf des Tages, Honet, zweiter Künstler am Turm und, überraschender Weise auch angereist, der dritte Künstler, der sich an die Krone wagt, Sozyone, zur
Verfügung.

Im Anschluss an die Pressekonferenz, um 12:00 Uhr, fand ein Pressetalk mit der Band Livingston statt, die die Eröffnung musikalisch begleiteten. Um 14:00 Uhr ging es mit dem Nachbarschaftsfest zum ersten ‚Pinselstrich’ auf dem Brunnenplatz vor dem Bierpinsel erst richtig los. Nachdem die Breakdance Kids aus Berlin Neukölln dem Publikum mit ein paar Moves einheizten, began die Moderation von Sarah Maria Breuer von TV Berlin. Begrüßt wurden die Gäste dann von
den Organisatorenin, Larissa Laternser und den Kuratoren der Ausstelllung

Aber auch die Politik durfte nicht fehlen. Frau Loth, Bezirksstadträtin für Wirtschaft, Gesundheit und Verkehr Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf von Berlin, freute sich über den Start von TURMKUNST

2010: ‚Der Bezirk Steglitz-Zehlendorf begrüßt das Projekt Turmkunst 2010. Als Wirtschaftsstadträtin freue ich mich, dass die ganze Welt auf uns schaut. Der Bierpinsel ist nicht nur ein Berliner Wahrzeichen, sondern eines der wichtigsten Wahrzeichen, das unseren Bezirk prägt, auch wenn man sich darüber streiten kann, ob die futuristisch anmutende Poparchitektur als schön zu bezeichnen ist. So wie die Aktivitäten am Bierpinsel, so sind auch die Aktivitäten im Bezirk insgesamt und in der Schloßstraße: Es geht jetzt los… und es wird spannend, schöner und anders.

Vielleicht ist der erste Pinselstrich auch der Start für uns im Bezirk zu einem der schönsten und anziehendsten Bezirk der Stadt, wo Kultur, Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsam florieren?’

Danach wurden die drei Fassadenverschönerer auf der Bühne vorgestellt. Flying Förtress, Sozyone und Honet waren guter Dinge – Förtress voller Vorfreude auf den Fassadenlift. Sven Martinek, ‚Der Clown’, seilte sich vom Turm ab, um Flying Förtress die Sprühdose zu überreichen. Danach lief der Street Artist zur Gondel, ließ sich auf Position fahren, während Udo Walz, Andi Moor und René Koch ‚Das ist die Berliner Luft’ zum Besten gaben. Mit Trommeln und akustischer Untermalung folgte der lang ersehnte erste Pinselstrich von Flying Förtress. Er malte einen Bären – extra für Berlin.

Zur Feier des Tages stiftete die Confiserie Reichert eine Torte in Form des Bierpinsels, die Frau Loth und Udo Walz gemeinsam anschnitten. Die Zubereitung dieser 1,40 m hohen Torte nahm eine Woche Zeit in Anspruch. Pino Fusaro, ‚The Wanderer’ und Gründer der Peaceworkers Europa, betreute im VIP Zelt auf dem Brunnenplatz vor dem Bierpinsel die zahlreich erschienene Prominenz.

Die Band Livingston gab ihr Können zum Besten und danach durchtrennte Tanja Bülter von RTL die rote Schleife zum Turm, womit die Ausstellung der Vicious Gallery im Turm offiziell eröffnet wurde. Auf dem Nachbarschaftsfest und bei der Vernissage wimmelte es nur so von Prominenz. Um nur mal ein paar zu nennen: Manuel Cortez, Patrice, Nevio, Rolf Eden erfreuten sich an der gelungenen Eröffnung. Die Steglitzer feierten fröhlich mit Ihnen, und schienen sichtlich erfreut und äußerst angetan über das Wachküssen ihres Wahrzeichens aus dem Dornröschenschlaf.

Das Gesamtkunstwerk wird am 15. Mai fertig sein. Insgesamt werden ca. 2000 qm Fläche zur größten Leinwand Deutschlands. Während der Arbeitszeit können Besucher den Künstlern aus der Urban Art Lounge auf der Joachim-Tiburtius-Brücke oder vom Kunstcafé im Turm zusehen. Dort erwartet sie auch eine Ausstellung der Vicious Gallery: Neben den vier oben genannten Künstlern stellen hier Dave Decat/ Brüssel, Dave the Chimp/ Berlin, Form 76/ Hamburg,
Keramik/ Wien, Mr. Nonski/ Hamburg, Nils Kasiske/ Hamburg , Poch/ Rennes, Stak/ Paris und Stefan Strumbel/ Offenburg aus.

Fotos, ILG, Just, Master Mojo, Turmkunst