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Das beste Graffiti der Stadt

Ab 27. August eröffnet im Projektraum 1 des Kunstraum Kreuzberg/Bethanien die Backjumps, Volume 4, #2: Kinder haften für ihre Eltern. Mit Arbeiten von unter anderem Delta (Amsterdam/NL), Jonone (New York/USA, Paris/F), Dave The Chimp (Berlin/D). Im Projektraum 1 des Kunstraum Kreuzberg/Bethanien Mariannenplatz 2, 10997 Berlin. Das hat sich Mikael Krogerus von derFreitag zum Anlass genommen und hat sich mit Adrian Nabi, dem Backjumps Kurator getroffen. Herausgekommen ist ein Artikel über eines der älteren Pieces der Haupstadt und ein kurzes Treffen mit dem heute 41jährigen Amok sowie die Erkenntnis dass auch in einem Graffiti Dschungel wie Berlin Bilder über 20 Jahre fast ungeschadet überstehen können. Der Artikel “Das beste Graffiti der Stadt” nach dem Jump


Adrian Nabi, Kurator und Herausgeber des legendären Graffiti-Magazins Backjumps, führt uns zielstrebig in die Adalbert-Straße in Kreuzberg. Es ist eines der älteren Berliner Pieces. 1989 gemalt von dem wegweisenden Berliner Künstler Amok. Das Werk befindet sich auf einer Hauswand mit vielen Fenstern. Die Größe des Bildes reicht bis zur ersten Etage. Im unterem Teil des Bildes befindet sich eine schwarze Skyline, die durch den rötlich gefärbten Hintergrund, wie man es von einem Sonnenuntergang kennt, hervorgehoben wird. Die verschnörkelten Schriftzüge, die sich in der Mitte des Bildes befinden, sind in verschiedenen Erdtönen gehalten und mit Pfeilen durchbohrt. Sie bilden die Worte: Amok und Adrian. Die Farben sind ausgebleicht, der Stil verspielt. Was ist so großartig an diesem Bild?

„Es ist das letzte Bild, das von Amok in Berlin noch zu sehen ist“, erklärt Adrian Nabi. „Er hat eine eigene Handschrift, einen eigenen Stil, den er in Berlin entwickelt hat, aufbauend auf die New York-Ästhetik. Das Bild ist so alt und der Style kann trotzdem noch mithalten, das gibt es fast nicht mehr, ein altes Bild, das noch so eine Power hat“. Graffiti ist eine kurzlebige Kunst, wer seine Werke auf den Straßen präsentiert, muss damit rechnen, dass sie in wenigen Tagen oder Stunden schon wieder entfernt wurden. Seit elf Jahren ist Amoks Bild an der Wand zu sehen. In der Zeitrechnung der Street-Art eine Ewigkeit.

Klare Botschaft

Das Werk ist ein Erinnerungsfetzen aus der Zeit, als der New-Yorker-U-Bahn-Stil nach Berlin kam. Auffällig ist, wie wenig das Bild von anderen Sprayern ge-crossed, also übermalt wurde. Nur am unteren Rand sieht man mitunter kleinere Tags, die auf die Wand geschmiert wurden. In der Szene gilt: Ein Bild darf nur von einem besseren Piece übermalt werden. Die Botschaft in der Adalbert- Straße ist eindeutig: Keiner war besser als Amok.

Amok ist heute 41, arbeitet als Webdesigner und ist längst kein Teil mehr der Berliner Graffitiszene. Wir baten ihn, sein eigenes Werk zu betrachten:

„Wow, ich kann gar nicht glauben, dass es noch immer da ist! Es ist zwar etwas verblasst, aber man kann die Styles noch gut erkennen. Der Plan des Auftraggebers war, die Fassade von dem Gebäude komplett zu bemalen, damit andere Writer nicht drum rum malen sollen. So weit ich mich erinnern kann, gab es 1.000 DM und jede Menge Dosen. Adrian und ich hatten mehr Dosen angegeben als wir verbraucht hatten, damit welche für die nächsten Werke übrig blieben. Es war das erste Mal, dass ich eine Konzeptwand sprühen sollte.

Ich erinnerte mich an die Wände von BBC in Paris, von denen ich schwer begeistert war, besonders den Bildern von jay one, die mich an Phantasielandschaften erinnerten. Es war klar, dass ich meinen Style an die Wand bringen musste und dass das Backround eine Phantasielandschaft entsprechen sollte. Heute muss ich sagen, dass es mir ganz und gar nicht gelungen ist. Ich habe ein Wochenende daran gearbeitet. Es war sehr anstrengend diese Wand alleine zu malen“.(Freitag.de)