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INTERVIEW – Revok – Amateur Magazine

Im Juni 2012 wurde Revok von der MSK zusammen mit Mode2, Esow, Faith47, Trd, Askew, Demes und Jasm nach Valais (Schweiz) eingeladen um Flächen bestehend aus 84 Weinbehältern zu gestalten. Das Ganze wurde für die neue myFINBEC collection zusammen mit dem Kunstliebhaber Yvo Mathier und Graffiti Künstler Jasm aus Lausanne organisiert. Mehr über das Projekt gibt´s auf www.finbec.ch. Das AMATEUR Magazin hat die Chance genutzt und sich mit Revok für ein Interview in der Schweiz getroffen. Gesprochen wurde über das Projekt in Valais, die Schweiz, das Beautification Projekt in Detroit, Graffiti, Art in the Streets im Moca und einiges mehr! Während die Jungs mit Revok die Ausgabe #10 des AMATEUR Magazins durchblättern startet er mit einem schönen Statement über den schweizer Graffiti Künstler Toast in das symphatische Interview (DEUTSCH/ENGLISH)

“In den frühen Neunzigern war die Graffitiszene in Europa noch sehr fokusiert auf New York. Über Graffiti in Los Angeles hat kaum jemand etwas mitbekommen. Es waren also auch nicht viele Graffiti Writer aus Europa in L.A. zu dieser Zeit. Ich glaube TOAST war einer der ersten, und er hat damals einen großartigen Eindruck hinterlassen. Ich erinnere mich noch gut daran und war sehr beeindruckt von ihm, für lange Zeit! Er ist ein riesen Talent! ” (REVOK)

Schön zu hören!

Wer hat euer aktuelles Cover gemacht? (AMATEUR #10)

DXTR. Ein deutscher Künstler vom The Weird Kollektiv!

Dope, The Weird, da ist doch auch NYCHOS dabei oder?

Richtig, und Low Bros und einige weitere sehr talentierte Jungs!

Ah Low Bros aus Berlin, auch sehr talentiert!

Ja, das Kollektiv kommt aus Deutschland und Österreich!

Die sind echt großartig, ich mag auch das was die Jukebox Cowboys machen, sehr fresh das Amteuer #10 Cover Jungs, wirklich!

Dankeschön! Als wir damals angefangen haben hätte wohl niemand gedacht das wir mal zehn Ausgaben herausbringen. Heute denken wir nicht mehr so viel und machen einfach.

Das ist eh der beste Weg, einfach machen. Wo wir gerade bei Magazinen sind, ich habe eine Mail bekommen von dem Macher des Bomber Magazins. Der hört auf damit, die nächste Ausgabe wird die Letzte sein

Sehr schade

Das älteste noch existierende europäische Graffiti Magazin, 25 Jahre glaub ich …

Krass. Wir selbst sehen uns aber nicht als Macher eines reinen Graffiti Magazins

Ja das sieht man. Aber wisst ihr, ich glaube da gibt es kaum noch Unterschiede. Wenn man sich selbst auf Graffiti reduziert wird´s langweilig. Aber mit dem Internet kann jetzt eh jeder alles immer sehr schnell zu Gesicht bekommen, aber ein gedrucktes Magazin hat eben den Hintergrund zum Bild, das macht es lesenswert. Inhalt den Google und Co nicht ausspuckt. Ich denke an exklusiven Content zu arbeiten und zu veröffentlichen hat auf jeden Fall Zukunft!


Los Awesome / Revok / Rime / revok1.com

Bist Du eigentlich das erste Mal in der Schweiz?

ja!

Wie gefällts Dir hier?

Die Berge, die Berge sind echt beeindruckend! Eine sehr schöne Gegend hier! Diese kleine Stadt, inmitten von diesen riesigen Bergen ist unglaublich schön! Wir sind da ganz oben in diesen zwei kleinen Almhütten untergebracht, zwischen all diesen Bergen, wenn man da morgens aufwacht, wunderschön. Schätzt euch glücklich hier zu leben, ein großartiges Land!

Danke, um ehrlich zu sein, das ist hier das Optimum, Postkartenmotiv. Das sieht nicht überall im Land so aus

Ja aber niemand wohnt wirklich weit weg von diesem schönen Platz hier

Das stimmt

Ich könnte mir vorstellen hier länger zu bleiben

Wann musst Du wieder weg?

Meine Freundin und ich hauen am Montag wieder ab. Ich halte mich kurz momentan, habe auch eine Menge Reisen absagen müssen um mich auf meine Kunst zu konzentrieren. Das ist auch der Grund für meinen Umzug nach Detroit. Nicht nur wegen meiner Probleme mit der Polizei in Los Angeles. LA ist sehr teuer, ausserdem habe ich bemerkt dass viele der recht kommerziellen Projekte die ich dort in letzter Zeit fertiggestellt habe mich irgendwie nicht mehr befriedigt haben. Es war nicht das was ich noch länger machen wollte. Ich hatte das Gefühl mir fehlt die Zeit für Dinge die ich wirklich machen will, meine Kunst. So bin ich aus LA weggezogen, nicht nur wegen der Probleme dort, das Leben in Detroit ist günstiger und auch viel ruhiger, ich kann mich besser auf etwas konzentrieren. Momentan bereite ich zwei neue Ausstellungen vor. Eine in Los Angeles in der Known Gallery und eine weitere in Paris. Ich habe also gut zu tun. Ich hätte viel Reisen können habe die EInladungen aber abgelehnt um mich auf meine Arbeiten zu konzentrieren.

Was war dann der Grund Deiner Zusage für die Reise in die Schweiz?

Ich habe viel im Atelier gearbeitet die letzte Zeit und hatte das Gefühl eine Pause würde ganz gut tun. Ausserdem konnte ich so mal wieder mehr Zeit mit meiner Freundin verbringen, sie ist schwanger momentan und wir werden bald ein Kind haben. Es wird also dann auch seltener derarartige Reisen geben. Und Ivo ist wirklich ein cooler Typ! Askew, ein sehr guter Freund von mir, ist auch in dieses Projekt involviert. Oder auch Mode2, vor dem ich riesigen Respekt habe. Spray Can Art war für mich wie eine Bibel und die Chrome Angels waren meine Stars, sehr inspirierend was die gemacht haben! Also an einem Projekt teilzunehmen wo auch er dabei ist macht mich schon stolz. Esow und Faith47 sind ebenfalls großartige Künstler, und all die anderen schweizer Künstler sind auch sehr cool . Es ist schön sich mit Künstlern aus aller Welt auszutauschen, besonders mit einem Glas Wein in den schweizer Alpen!

Also hat Dich das was hier vorbereitet wurde doch positiv überrascht? Wir könnten uns vorstellen Du hattest nicht unbedingt große Erwartungen an das Projekt?

Wie ich schon vorher gemeint hatte, ich versuche all diese kommerziellen Projekte zu vermeiden. Ich habe keine Lust mehr mit irgendeiner Marke oder Firma zusammenzuarbeiten. Aber was die Reise eben auch sehr angenehm gestaltet ist eben der Fakt das Askew, meine und seine Freundin dabei sind. Als er mich in Detroit besuchte um an meinem Beautification Projekt teilzunehmen und erwähnte das er auch dabei sei mit seiner Freundin war die Sache für mich klar, eine perfekte Chance mal mit unseren Mädels wegzufahren, in die Schweizer Alpen. Was gibt es schöneres. Und sicherlich etwas das ich in Zukunft nicht mehr machen kann, vorerst.

Meinst du das Projekt war gut organisiert, Zeitfenster etc?

Alles war in Ordnung, Ivo ist ein wirklich cooler Typ. Ich war anfangs etwas skeptisch, als ich ihn dann aber persönlich getroffen habe war alles gut. Sehr gastfreundlich und er hat uns sogar zu einem Helikopterflug eingeladen


Ordinary Things / revok1.com

Auf jeden Fall. Du hast eben das ‘Detroit Beautification Project’ erwähnt, was ist die Idee dahinter?

Es war meine Idee, alle Künstler sind auch Freunde von mir. Aber ich hatte natürlich nicht die Zeit das ganz allein zu organisieren, da steckt auch viel Logistik dahinter. Neben meinem Freund Matt Eaton, Bruder von Tristan Eaton haben unter anderem die Jungs von 1XRUN, Jesse und Dan mitgeholfen. Die machen sehr schöne Prints und sind stark in so organisatorischen Dingen. Also haben wir es zusammen gemacht. Untersützt wurden wir vom Montana Cans US Vertrieb. Die haben uns finanziell und auch mit vielen Dosen supported, die das Projekt auch wirklich brauch. Und auch The Seventh Letter hat viel Geld beigesteuert um das möglich zu machen.

Wisst ihr ich mache das jetzt auch schon 22 Jahre, da kommt ein gutes Netzwerk zusammen, enge Freundschaften und wirklich talentierte Künstler. Ich hatte alles um ein solches Projekt zu organisieren also habe ich es einfach gemacht. Und dann eben in dieser Stadt. In jeder anderen Stadt wäre das wohl schwieriger gewesen, wenn Detroit etwas hat dann sind es Flächen zum Bemalen. Und dort wird nicht um jede dieser Flächen gekämpft. In jeder anderen Stadt reissen sich die Werbe-Agenturen um Wände um dort Marken sprechen zu lassen, in Detroit ist das anders. Ich glaube 60 Prozent der Gebäude in Detroit sind Brachflächen. Und die welche nicht brachliegen kämpfen um das Fortbestehen. Dort gibt es nicht viele Menschen die etwas bewegen wollen, wie einfach mal eine Wand bemalen, aus welchem Grund auch immer. Jeder dort versucht nur irgendwie zu überleben. Wenn Du dann mit einem derartigen Projekt kommst und sagst “schau, ich habe hier zahlreiche talentierte Künstler aus Europa, großartige Muralisten, gib uns Deine Wand und wir werten sie optisch auf” Das gefällt den Leuten dort, darauf fahren die noch richtig ab! Einfach weil es dort sonst nichts gibt was die Umgebung bunter macht. Perfekte Voraussetzungen um ein solches Projekt zu realisieren.

Oh ja

Und es geht ja auch noch weiter in Zukunft. Das Projekt läuft noch. Wir hatten kürzlch 17 Künstler da. Das war der offizielle Start, es kommen aber bald noch mehr Künstler nach Detroit! Es haben sich auch noch weitere Partner aufgetan, die bereit sind einige Dollars zu investieren um das Projekt am Laufen zu halten. Ich denke wenn man das in Los Angeles versucht hätte würde man scheitern, die Leute dort sind einfach anders, in Detroit sind die Menschen noch viel begeisterungsfähiger. An einem farbigen Piece an einer Wand erfreut man sich in Detroit, einer Stadt wo es kaum was zu Lachen gibt wenn Du weisst was ich meine. No glimmer of hope. Kürzlich habe ich einen Burner gemalt dort, illegal. Die Cops kamen vorbei und meinten “That’s fucking awesome, thank you for doing that,” und ich so “What? I didn’t do that, I’m just taking a picture,” und die meinten wiederum “Yeah right, I’ve seen you around and that shit is cool.” Denen gefällt das wirklich. Das Zitat aus dem Video von POSE trifft es auf den Punkt: “Here in that city all the lines that are normally drawn between what’s legal, what’s illegal, what’s art, what’s not art you know none of it really matters there, it’s just a simple human gesture.” Das erklärt Detroit und das Projekt. Du malst eine Wand und den Menschen gefällt´s. Da kommt niemand und fragt nach einer Genehmigung und da stellt sich auch nie die Frage ob das nun Kunst oder Vandalismus ist. Meistens ist es genau das was ich an Detroit so mag. Back to Basics.



Revok / Detroit (aus einer Wand-Produktion mit Retna und Steel / revok1.com

Danke für diese Erläuterungen! Lass uns mal ein Jahr zurückgehen, zu “Art in the Streets” im MOCA Los Angeles, wurdest Du ja auch eingeladen und direkt danach festgenommen. Was ist bei Dir hängengeblieben, wie ist Deine Meinung zu “Art in the Streets”?

Wisst ihr, alles was dort danach passiert ist spielt keine wichtige Rolle. Das wichtigste dort waren die anderen Künstler, ein großartiges Line-Up mit all denen zu welchen ich aufschaute in meiner Anfangszeit. Diese Künstler sind für mich der Inbegriff einer Kunstform die ich selbst ausübe. All diese Ikonen, die Events, die Artworks die man dort sehen konnte. Nehmen wir diese alten Dondi´s oder Arbeiten von Lee. All das unter einem Dach und da mittendrin zu stehen als Teil davon war großartig. Ich habe dort Künstler wie Barry McGee, OsGemoes, Steve Powers und Reas, Mode2 und viele weitere getroffen, oder Risk, eines meineer großen Idole aus L.A.- Das war einfach eine große Erfahrung mit all diesen Künstlern an einem Ort zu sein, das hat mich zu dem gemacht was ich bin. Ich habe die Arbeiten dieser Künstler schon früh studiert und war besessen von dem was die gemacht haben, das hat mich stark beeinflusst und so habe ich letztendlich auch meinen eigenen Weg gefunden. Eine Sache an die ich mich noch gut erinnere war ein innerer Gedanke während der Show: wenn ich nächste Woche sterben würde, ich würde zufrieden sterben. Ja so hat sich das angefühlt.

Ich kann bis heute nicht begreifen wie es dazu gekommen ist, all diese Top Künstler vereint in einer Ausstellung, an einer Location, und das in Los Angeles. Auch wenn Graffiti immer draussen am Leben gehalten wird und nicht in einer Galerie oder so, ist es doch eine Kunstform, eine Bewegung die endlich auch Beachtung in der Kunstwelt gefunden hat. Natürlich gab es auch negative Stimmen, beispielsweise dieser jene Künstler hätte dabei sein sollen und der nicht etc, aber das ist normal. Nothing is perfect. Und ja, es gab da einigen Ärger nach der Show, aber ich glaube das hat mit der Ausstellung selbst ja nichts zu tun, das wäre auch so passiert. Ich habe nichts bereut, es war unfassbar schön!



Revok / Rime / MOCA / Art in the Streets revok1.com

Danke für diese ehrlichen Worte! Wir haben noch einige kurze klassische Interview-Fragen an Dich

Okay.

Was liebst Du?

Ich liebe das Leben. Ich weiss nicht wo es endet aber ich weiss es ist ein Segen, ein Geschenk. Und es ist sehr begrenzt, es verspricht Dir nichts, weder Zeit noch sonst etwas, jeder Tag bietet Dir neue Möglichkeiten und Erfahrungen, Du lernst, fühlst, existierst, lebst mit anderen, und entdeckst Dinge…Ich habe gesehen wie es Dir weggenommen werden kann, schon sehr oft. Und jedes Mal wenn ich sehe wie das geschieht erinnere ich mich daran wie sehr ich dieses Leben liebe und wie ich das Beste daraus machen kann.

Wenn Du etwas sein könntest, irgendwas, was würde das sein?

Es wäre schön ein Berg zu sein, um die Zeit aus einer anderen Perspektive zu sehen.

Was wirst Du Deinen Eltern als Souvenir aus der Schweiz mitbringen?

Fotos und Geschichten sind immer das beste was man mitnehmen kann von einer Reise

Was hat Dich Graffiti gelehrt in all den Jahren?

Graffiti hat mich gelehrt das Leben zu geniessen, es hat mich gelehrt mit Ängsten umzugehen und auch mal was zu riskieren. Immer offen zu sein für neue Erfahrungen, ohne Graffiti wäre ich heute vielleicht ein ignoranter Looser in den Suburbs von Süd-Kalifornien. Graffiti hat mich durch die ganze Welt reisen lassen, und es hat mir einige Herausforderungen geboten. Manchmal gewinnst Du , manchmal verlierst Du eben. Aber Du kannst immer etwas dabei lernen für die Zukunft. Man könnte meinen Graffiti ist nicht gut für einen selbst, aber irgendwie ist es das Beste was mir hätte passieren können in meinem Leben.

Danke Dir!

Danke euch!


Interview: Lain / Amateur Magazin
Photos: Markus Fischer
Übersetzung: notme / ENGLISH Translation
Revok Website: revok1.com


Die komplette AMATEUR Magazin #11 Ausagbe (Cover: Revok)