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Die inflationäre Verbreitung eines Fotos

Es war einmal ein Fotograf, der in einer Hall of Fame ein Foto machte. Das Foto zeigte er in seinem Blog. Das Bild bearbeitete er mit einem leichten Kontrast-Filter in Photoshop. Der Graffiti Writer von dem das Piece war welches auf dem Foto zu sehen ist fand das Foto so cool, dass er es auf seine Facebook-Seite packte. Leider schrieb er nur dazu:

“damn nice shot? köln 2010? hammerbild. keine ahnung wer das gemacht hat, aber es ist ein wahnsinnig gutes foto!”

Noch am gleichen Tag bekommt der Fotograf den Hinweis von einem Freund, dass das Foto auf dieser Facebook-Seite zu sehen sei und er schrieb dort auch gleich als Kommentar: “Für alle die es interessiert: das bild stammt von dem und dem Fotografen. Er hat auch noch mehr fotos in der Hall of Fame gemacht. Mehr über ihn: www.dieserfotografundso.de” Das brachte immerhin etwas mehr Klicks im Blog unseres Fotografen.

Nachdem der Fotograf den Graffiti Writer freundlich darauf hinwies, dass er das Bild gemacht hatte, bat er um Entschuldigung für den ungestümen Upload und ergänzte seine Bildunterschrift um “(Foto wurde bereitgestellt von Fotograf so und so, besuche: www.dieserfotografundso.de)”. Das war auch okay , immerhin hat der Graffiti Writer ja auch Rechte an dem Bild. In der Folge bekam der Fotograf paar Emails, in denen Fans des Graffiti Writers baten, ob das Bild in voller Auflösung zur Verfügung gestellt werden könne, für Posterdruck bspw. Abgelehnt, Bei Facebook bekam das Foto mittlerweile über 100 – durchweg positive – Kommentare und 862 Personen “gefällt das”. Das führte auch zu einer inflationären Verbreitung des Bildes.

Dank der neuen Google Images Bildersuche konnte man das Foto auf einigen Webseiten finden, welche das Foto ohne Erlaubnis nutzten, geschweige denn einen Link oder eine Quelle angaben. Anfangs schrieb der Fotograf einige der Seiten an und bat um eine nachträgliche Verlinkung, was auch prompt umgesetzt wurde. Blöderweise gab es bei einigen Seiten kein Impressum und der Fotograf verschwendete viel Arbeitszeit, die Verantwortlichen rauszusuchen. Als dann auf eine Mail mit dem sinngemäßen Inhalt “Bitte entferne das Foto, da ich der Urheber bin und keine Nutzungserlaubnis erteilt habe, andernfalls muss ich mir weitere Schritte vorbehalten” eine sehr pampige Antwort zurück kam à la: “Was willst du, du hättest auch höflich fragen können, ohne mir mit ‘weiteren Schritten’ zu drohen, ich nehm das Bild mal runter, aber nur ausnahmweise“, wurde es dem Fotografen zu blöd. Warum den Bittsteller markieren, andere einen Gefallen tun? Der Spieß wird herumgedreht.

Der Fotograf ging zwei Wege. An alle Seiten, mit dem Bild, die nicht aus Deutschland waren und deswegen kein Impressum enthalten mussten, verschickte er “DMCA Takedown Notices“. Das ist eine Möglichkeit nach dem us-amerikanischen Urheberrecht, als Urheber seine Werke schnell entfernen zu lassen. Betroffen waren meist Blogging-Hoster wie Tumblr.com, blogger.com oder andere Facebook-Seiten. Als Vorlage benutzte der Fotograf dieses Beispielschreiben, wo nur sein Namen und die Linkadressen ausgetauscht werden mussten.

Positiv war, dass auf die DMCA-Meldungen sehr schnell reagiert wurde und die betreffenden Blogeinträge mit seinen Fotos gelöscht wurden. In einem Forum nutzte ein User das Foto sogar als Signatur und bat im Forum auch darum, ob ihm jemand aus ‚seinem‘ Foto ein cooles Hintergrundbild für seinen Youtube-Kanal basteln könne. Jemand erfüllte ihm diesen Wunsch und unser Fotograf musste feststellen, dass es bei YouTube nicht so leicht ist, Hintergrundbilder entfernen zu lassen. Videos, ja, kein Problem, aber Hintergründe scheinen schwieriger zu sein.

Während der Fotograf bisher bei privaten Webseiten beide Augen zugedrückt hatte, gab es auch einige größere Webseiten mit Magazin, Werbepartnern und Shop, welche das Foto unerlaubt nutzten. Hier übergab der Fotograf die Fälle an einen Anwalt, da Medien oder kommerzielle Nutzer die Grundzüge des Urheberrechts kennen sollten.

Einige Tage später war der Fotograf dann auf einem Graffiti Festival, um wieder Fotos zu machen. Ein Mädchen am Bierstand holte kurz ihr Handy raus, um die Uhrzeit zu sehen und was sah der Fotograf da? Sein Foto als Hintergrundbild auf ihrem Handy! Er hat sich gefreut, ihr einen Flyer in die Hand gedrückt und gesagt, dass das Foto von ihm sei. Keine Ahnung, ob sie ihm geglaubt hat, er hatte immerhin eine dicke Kamera umhängen. Bei Google+, wo er den Zwischenfall kurz gepostet hatte, meinte jemand: “Ich glaube, auch ein Profi sollte die Freude, die einstmals im Vordergrund stand, wenn ein eigenes Foto wertgeschätzt wurde, nicht darüber vergessen, daß es geklaut wurde.”


Posted: 24. November 2012  Posted By: admin