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Stylewriting – Scum

Scum aus München hat schon vor vielen Jahren angefangen das Alphabet zu analysieren und eine Definition für das Stylewriting zu finden. Schon 1996 schrieb er zusammen mit Cheech H und Techno 169 das Buch „Theorie des Style – Die Befreiung des Alphabets“

In diesem Text geht es darum, der Ästhetik nachzugehen, ohne in der Auseinandersetzung stecken zu bleiben welchen sozialen Anspruch oder Angriff diese Ästhetik beinhaltet. Möglichst wertfrei versuchen die Münchener Style Maestros einigermaßen gegliedert zu beschreiben was sie aus eigener Erfahrung im Umgang mit „Writing“ beobachten durften. Sie bestehen darauf dass dieser Text keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Wissenschaftlichkeit erhebt, sondern versucht einzig einen kurzen Überblick über die Möglichkeiten zur “Befreiung des Alphabets” zu geben, der dazu anregen soll sich vielschichtiger mit diesem Thema auseinanderzusetzen.


A. DEFINITION DES STYLE
DIE STILARTEN

Wir beschreiben die Grundstilarten des Writing anhand einer Liste, die sich an geschichtlicher Entwicklung und Steigerung der Komplexitätsgrade in Ausführung und Gedankengang orientiert. Diese STYLE – Hierarchie zeigt auch den Weg, den ein Writer gehen kann, um seinen STYLE auszuarbeiten oder zu finden.

TAG (Signature) STYLE
BUBBLE STYLE
THROW UP STYLE
BLOCKBUSTER STYLE
SIMPLE STYLE
SEMI WILD STYLE
WILD STYLE
COMPLEX STYLE
FREE STYLE
OWN STYLE

Eines ist klar: Diese Hierarchie ist nicht wertend. Alle STYLES stehen gleichwertig nebeneinander und jeder dieser Stile hat seine Meister und Lehrer, die ihn perfektionieren und bis heute fortführen. Wir wollen nicht so weit gehen, die Benennungen der STYLES einzelner Writer zu recherchieren. Es geht uns um die klar unterscheidbaren Grundstilarten, welche natürlich unendlich variabel sind. Der TAG STYLE wird mit Marker oder Dose in einer Farbe ausgeführt. Er ist die kalligraphische Unter -und Handschrift des Writers. Der Tag STYLE ist die Urform des Writing. Das Tag auch Hit, die Signatur, kann an vielen Stellen schnell angebracht werden. Durch das Tag wird Writing zum Massengut. Schwerer wird es, sich aus der Masse der Tags herauszuheben. Der Krieg der Stile beginnt. Eine ästhetisch individuelle Vollendung des Tags kann oft viele Jahre dauern. Zuerst wurden die Tags mit Pfeilen und anderen Besonderheiten versehen, dann ein zweites und drittes Mal umrandet, mit Designs ausgeschmückt und so zum Piece aufgeblasen. Als die glorreiche Idee des Masterpiece, der ausgefüllten, „aufgeblasenen“ Buchstaben mit der Outline aufkam, war der Schritt von der Linie zur Fläche getan. Nun hieß es die Kanten der Softie Letters auszuarbeiten, denn aus heutiger Sicht waren viele STYLES nur bessere Throw up Pieces. Das THROW UP zählen wir deshalb von der Komplexität auf die nächste Stufe zum Tag und sein Sinn liegt auch wie bei den Tags in der Masse. Throw ups sind sehr eng mit dem Tag STYLE verwandt, auch er ist eine Signatur oder ein Logo, das mit nur wenigen Variationen vervielfältigt wird. Die Outlines werden oft mit einer einzigen Linie, fast wie eine Schreibschrift gezogen. Die Lettern sind im Throw up oft schon besser definiert als im frühen Softie Letter, der damals als Masterpiece galt und T2Bs schmückte. So waren die Softies solide gefüllt, während die Throw ups bewußt lässig und schnell ausgemalt sind. Der BLOCKBUSTER STYLE ist der nächste Schritt. Er beschäftigt sich mit der quadratischen Form der Lettern und ist oft einfarbig und flächenfüllend ausgearbeitet. Die Grundform des Blockbusters ist das geometrische Rechteck und so läßt er geringe Gestaltungsmöglichkeiten zu. Diese sind aber, wenn sie eingesetzt werden, um so effektiver, da sie maximale Lesbarkeit garantieren. Der SIMPLE STYLE ist die erste Art von Stil die jeder Writer beherrschen sollte. Hier geht es einfach um das Grundgerüst des späteren STYLE, welches sich schon in eindimensionaler Art im Tag STYLE ablesen lässt. Im Simple STYLE sind die Lettern unabhängig voneinander gestaltet – möglichst mit einer durchgängigen Grundidee, die den STYLE bestimmt. Dem STYLE sind noch fast keine zusätzlichen Elemente beigefügt. Trotzdem ist Simple STYLE keineswegs einfach, in ihm trennt sich sofort die Spreu vom Weizen. Wer wirklich STYLE hat, zeigt auch hier sein individuelles Verständnis für das Alphabet. Für lange Texte wird Simple STYLE bevorzugt. Oft stehen Simple STYLES als Zugabe über oder neben dem Semi Wild STYLE Namenszug der Writer. Der SEMI WILD STYLE ist der am häufigsten zu sehende STYLE im Writing. Er eignet sich ideal zum schnellen Malen eines Burners. Im Semi Wild STYLE sind die Lettern unabhängig voneinander gestaltet, aber mit vielen möglichen Attributen oder mit einigen zaghaften Verbindungen zwischen den Lettern versehen. Die Lettern im Semi Wild STYLE sollten eine schnelle, eingängige Grundstruktur und viele gemeinsame Merkmale aufweisen, denn so wachsen sie automatisch zum Wild STYLE heran und wollen miteinander Verbindung aufnehmen, um nach aussen kampfbereit die neu gefundene Gemeinsamkeit zu verteidigen. Semi- Wild STYLE hat, wie auch der Simple STYLE, eine ganz besondere Bedeutung in der Hip Hop Kultur. Er ist „Graffiti“ STYLE pur und durch seine Lesbarkeit, durch die er auch der Gefahr der Beliebigkeit ausgesetzt ist, steht er als oberste Stufe der Entwicklung vieler Writer. Der WILDSTYLE hat einige herausragende Merkmale. Die Buchstaben gehen Verbindungen miteinander ein. Dies sind nicht nur einfache Verschmelzungen oder angehängte Balken die die Lettern verketten, sondern aus der Dynamik eines jeden Buchstabens heraus schießen Verlängerungen und Gegengewichte, die sich unter oder über andere Lettern hinweg ihr verbindendes Glied am anderen Ende des STYLES suchen. Die Verknotungen und Verbindungen können so exzessiv gestaltet sein, dass der Schriftzug schwer oder gar nicht mehr entschlüsselbar wird. Oft bedient sich der Wild STYLE der Verbindungen der Schreibschrift, viele Verknüpfungsmöglichkeiten wurden aber neu definiert. Der Wild STYLE ist meist mit Pfeilen bewaffnet, die ihn zusätzlich zu seiner Dynamik nach außen schützen oder nach innen durchdringen. Andere Attribute werden sehr gezielt eingesetzt. Wild STYLE Lettern sind sehr beweglich. Der Wild STYLE vereint die römisch kapitalen Lettern mit der Anmut der Schreibschrift. Der KOMPLEX STYLE ist eine Weiterführung des Wild STYLE, sozusagen seine Überhöhung durch Einsatz eines Maximums an Attributen wie Pfeilen, Verbindungen, Glaseffekte, Brüche etc. Der Begriff ist nicht sehr gebräuchlich, soll hier aber den Unterschied von dem traditionell auf Einzelbuchstaben aufbauenden Wild STYLE zu der totalen Freiheit der Buchstaben bis hin zu einer Loslösung von den allgemeinen Formregeln des Alphabets verdeutlichen. Hier können freie Formen für Buchstaben stehen oder Lettern sich zu Splittergebilden atomisieren. Mit dem Komplex STYLE ist die härteste Stufe der STYLE Hierarchie erklommen. Die folgenden Stile sind nicht notwendigerweise komplexer aber Sie sind schwerer zu erlangen. Der FREE STYLE ist kein bestimmter Stil, er definiert sich nach der Art seiner Ausführung. Er ist in allen Stilarten möglich, denn es gilt nur ohne Entwurf so gut oder besser als mit Skizze zu malen. Erst nach jahrelangem Studium hat ein Writer seinen STYLE derart verinnerlicht, das er diese Möglichkeit in Anspruch nehmen kann. Dann aber erlaubt es ihm die Freiheit der Sprühdose, so neue Formen zu entdecken. Der OWN STYLE ist wiederum eine eigene Stilart und betrifft jeden innovativen und individuellen Stil. Damit bietet er die maximalste Freiheit aber auch den geringsten gemeinsamen Nenner zu anderen Stilen. Hier verfehlt unsere konservative STYLE Hierarchie endgültig ihren Zweck, denn STYLE definiert sich durch jeden seiner wahrhaften Verfechter auf neue Art und Weise.

DIE DRITTE DIMENSION

Als eine große Herausforderung hat sich vielen Writern die Eroberung der Räumlichkeit des STYLE gezeigt. Sie steckt schon seit Urzeiten im STYLE und immer wieder brachten Pioniere Ansätze der 3D-Technik hervor. Sie funktioniert auf jeder Ebene des STYLE und findet sich meist im Semi Wild STYLE, da dieser problemlos kommuniziert. Der 3D-Blockeffekt ist so alt wie das Masterpiece, dennoch diente er immer nur als Vertiefung der Outlines welche auf einer flächigen Grundebene bearbeitet wurden. Inzwischen wird der STYLE gestalterischer betrachtet. Die STYLES werden wie Objekte und Skulpturen auf dem Blatt verbogen. Die räumliche Dimension der Fläche wird erst seit Anfang der neunziger Jahre vollständig von den Writern wahrgenommen und radikal in ihren STYLES verwendet. Die dritte Dimension ist ein grosser Schritt in der Befreiung der Schrift. Nicht nur Character können nunmehr den Raum von A bis Z füllen, sondern STYLES können sich zu Objekten wie Panzern, Raumschiffen, Gebäuden und Planeten verwandeln. Der STYLE ist in der Dreidimensionalität zum optoplastischen Wunderwerk avanciert. Schon lebt er in plastischen Skulpturen ein neues Leben.

PRÄGENDE EINFLÜSSE AUF DEN STYLE

Da alle unsere Darlegungen hier auf rein monochromer Ebene stattfinden, darf der Einfluss der Farbe nicht unerwähnt bleiben. Der OutlineSTYLE des Writing schuf über die Bearbeitung der Aussenkanten abgeschlossene Flächenformen im Inneren der Buchstaben. Diese stehen den farblichen Exzessen der Sprühtechnik zur Verfügung. Die bunten Dusts und Ornamente (Designs) hauchen dem Skelett der Outline das Leben ein und beinflussen damit direkt ihre Dynamik. Die Farblehre des Writing sowie sein ureigen entwickeltes Designverständnis verdienten eine eigenständige theoretische Betrachtung und würden den Rahmen dieser Schrift sprengen.

Ein STYLE ist meist aus zwei bis sechs (selten mehr) Lettern aufgebaut, die den Namen eines Writers oder eine Abkürzung wiedergeben. Die Worte sind selten so gewählt, dass sich Lettern häufig wiederholen oder das Wort eine Doppelung von Lettern (hintereinander oder an verschiedenen Stellen im Gesamtwort) aufweist. Dadurch wird eine grössere Beweglichkeit erzielt, da das Auge an der doppelden oder sich wiederholenden Form hängen bleibt oder diese zu lange in Beziehung bringt ohne das Gesamtwort erfasst zu haben. STYLES sind gesprochen meist ein -bis zweisilbige Worte. Kurze Namen haben eine schnelle visuelle Erfassungszeit, lange Namen hingegen fordern einen zweiten oder längeren Blick. Zwei Lettern sind meist Crew-Abkürzungen oder Throw-Ups, ebenso Dreiletternkombinationen, die aber schon in kurze Namen ausarten. Eine gute, schnelle Erfassbarkeit weisen Namen mit vier bis fünf Lettern auf. Sechs Lettern und mehr sind nur bei TagSTYLErn, oft OldSchoolern oder legalen Bildern als NameSTYLES (nicht TextSTYLES) anzutreffen und sind schwerer gesamtvisuell zu erfassen. Nach der Anzahl der Lettern richtet sich der Rhythmus des STYLE, also die Verteilung, der Bezug der Lettern zueinander. Entscheidend für die Gestaltung des STYLE ist also auch die Information die er tragen soll. Der Name des Writers soll dessen Individualität sichtbar machen; Aussagen wie „Stop the Bomb“ oder Stop Apartheit“ erfordern eine andere Herangehensweise.

An diesem Punkt wird es wichtig über die Absichten des STYLE zu schreiben und wie diese vermittelt werden.

Die Subwayaussenwände sind das klassische Medium auf dem der STYLE seinen Freiraum gefunden hat um sich zu entwickeln; hier findet der innere Krieg der Stile seine optimale Präsentationsfläche nach Aussen. Die Leinwand des STYLE ist unsere technische Umwelt. Er fügt sich in diese Umwelt ein und passt sich an die Bedingungen der architektonischen Umgebung an. Er wird auf die tonnenschweren Massenverkehrsmittel projiziert; je grösser das Piece, um so geringer und kleiner werden die Unebenheiten. So setzt sich der STYLE über

Säulen, Fenster und Türen hinweg und erfreut sich an dem Zugewinn von Dimensionalität durch die hervortretenden Konturen des futuristischen Untergrundes. Die Form und Grösse der Zugflächen beeinflusste entscheidend die Entwicklung. Das PenalPiece, das unterhalb der Fenster zwischen den Türen eines Waggons platzierte Bild, wurde zur Standardgrösse des STYLE. Die untere Kante der Züge bildete die natürliche Zeile nach der sich der Schriftzug orientierte. – Auch der Zeitfaktor ist ein wichtiger Punkt. Geschwindigkeit ist auch hier formgebend. Im Klartext heisst dies, dass in einem stark besuchten Yard fünfundvierzig Minuten bis eineinhalb Stunden für ein Penalpiece zur Verfügung stehen. Die Muse fünf Stunden an einem WholeCar zu arbeiten ist eine Seltenheit geworden. Die Möglichkeit in der Legalität grosse Wandflächen zu gestalten hob diese Einschränkungen auf. Entdeckungen die hier gemacht wurden fanden wieder ihren Weg auf die Züge. Da STYLE auf sich bewegenden Zügen entstanden ist, fing der STYLE selbst auch an in Bewegung zu geraten. Die Notwendigkeit der schnellen Erfassung der Bilder, ähnlich wie bei der kommerziellen Werbung, lässt immer stärkere optische Reize entstehen. Die Prägung durch Medien wie Comics, TV und Computer im STYLE ist deutlich zu spüren. Die STYLES werden immer grösser, eleganter, bewegter, schneller, plastischer, dynamischer, rhythmischer, vielfältiger, individueller, angriffslustiger, ausgewogener und spannender. Alle optischen Eindrücke werden verarbeitet und weiterentwickelt. Es geht hier also nur um die Kultivierung einer Idee auf dem urbanen Freiraum der kahlen Aussenflächen von Zügen und Gebäuden. Die Effekte um einen STYLE zu bilden sind vielfältig und alle miteinander kompatibel, kollagierbar. – Sie alle unterstützen , richtig eingesetzt, die Absicht des STYLE – aufzufallen. Der STYLE ist jetzt also bewegt und plastisch. Aber er ist noch mehr – nämlich rhythmisch. Die Buchstabenformen geben eine Blickbewegung und einen Lese -oder Efassrythmus vor. Ausserdem ist STYLE, wie die Zeit in der er existiert, schnell und kurzlebig. Er muss Schlagwortartig
da und begreifbar sein. Der erste Blick auf den STYLE soll zu einem Hängenbleiben am Objekt ermuntern. Ausgleich, Harmonie, Einheit aber auch Spannung sind Tugenden eines guten STYLE. Um die Gewichtung der STYLESkizze besser zu kontrollieren kann man Sie auf den Kopf drehen und/oder spiegelverkehrt überprüfend betrachten. Durch den Umgang mit den vorgegebenen Formen des Alphabets ist STYLE eine sehr konkrete gedankliche Auseinandersetzung mit bestehenden Gesetzmässigkeiten; durch die persönliche Manipulation dieser Formen wird STYLE aber auch zu einem sehr abstrakten, gefühlvollen Instrument der Selbstäusserung. STYLE hat nicht zwangsläufig einen Kunstanspruch. Throw-Ups und Tags wollen diesen schon durch die massenhaften immer identischen Kopien auch nur selten erheben. Genauso sind diese aber untrennbar STYLES und können auch in ihrer extremsten Form das ästhetische Empfinden eines Writers beglücken. Um diese assoziative Definition näher zu betrachten wollen wir versuchen in einer STYLEAnalyse die einzelnen Bestandteile des STYLE zu erklären.

O. ANALYSE DES STYLE
DAS ALPHABET

Um die komplexe Kombinatorik aller Formen des STYLE ab dem SemiWildSTYLE zu begreifen, ist es notwendig, die einzelnen Elemente aus denen ein STYLE konstruiert werden kann, zu beschreiben. Hier soll nicht erklärt werden wie man einen STYLE zu zeichnen hat. Die Kombinationsmöglichkeiten und Bearbeitungsformen der einzelnen Elemente sind so vielfältig wie die Zahl der Writer die sie benutzen und es ist ein möglichst innovativer und individueller Umgang mit den beschriebenen Elementen gewünscht. Auch der Entwicklung neuer STYLE-unterstützender Gebilde stehen alle Türen offen.

Das Grundelement mit dem der Writer umgeht sind die 26 Lettern des römisch-lateinischen Alphabets, welchen wir versuchen wollen nach ihren Grundformen eine Dynamik zu geben, um so ihre Beziehung im STYLE zueinander besser klären zu können. STYLE kann nie frei von Information existieren! Die Botschaft eines Buchstabens ist sein phonetischer Laut. Liest man einen Buchstaben so kann man diesen „hören“. Auch dieser Laut trägt zur Persönlichkeit eines Letters bei. Jeder Buchstabe hat auch einen eigenen Form-Charakter. Dieser kann unterschiedlich ausgelegt und ausgedrückt werden. Jeder Buchstabe besteht aus drei Raumformen: Dem buchstabenumgebenden Raum, dem Raum den der Buchstabe einschliesst und der Form die der Buchstabe selbst im Raum annimmt. Die beiden ersten werden durch die dritte gebildet und sollten bei der Gestaltung des Buchstaben nicht ausser acht gelassen werden. Am wichtigsten jedoch ist die Buchstabenform selbst. Jeder Buchstabe kann in viele verschiedene geometrische Formen und Linien zerlegt werden, die dann im Buchstaben verschieden gewichtet verteilt werden können. Bei aller Verfremdung sollte der Buchstabe als zu lesendes Lautsymbol erkenntlich bleiben.

A: Pyramide oder Dreiecksform mit aggressiver Spitze nach oben, schrägen Wänden, die nach rechts und links sehr gut schützen, zwei stabilen
Standbeinen, einer soliden Grundlinie und einer Stützstrebe im Innenraum. Durch seine Stabilität erlaubt das A trotz seiner Symmetrie gute Form -und Biegsamkeit in alle Richtungen. Je nach der Verlängerung der Standbeine erfolgen Bewegungen nach rechts oder links.

B: Gerade Abgrenzung nach links, weicher aber bestimmter Drang nach rechts durch zwei in den rechten Raum dringende Halbkreisformen (können spitz aggressiver gemacht werden). Der untere Halbkreis ist dabei grösser, um eine bessere Standhaftigkeit zu erreichen. Verlängerungen der Halbkreise nach links bringen Bewegung nach rechts. Dehn -und quetschbar von oben und unten, dadurch dynamische Tendenz zum Sprung.

C: Runde Abgrenzung nach links, gleichzeitig sanftes Eindringen. Nach rechts unsichtbare gerade Abgrenzung aber auch offensive Richtung durch zwei Speere oben und unten. Durch abgerundete Standfläche Tendenz zum Kippen, grosser Innenraum in den es mit Haken selbst eingreifen kann. Bei Druck von oben oder unten Tendenz zum einknicken. Wehrt Angriffe und Bewegung von rechts ab. Durch Quersymmetrie frei mit Lust auf das fliegen. Bei Öffnung sehr schnell.

D: Umkehrung von C. Klar abgegrenzt durch Balken links, nicht so aggressiv dadurch aber auch stabiler und geschützter. Auch hier Tendenz zum knicken bei Angriff von oben/unten. Verlängerung des Halbkreises nach links erhöht Abwehr in diese Richtung sowie die Geschwindigkeit nach rechts. Springt gut, fliegt oder schwebt oft und gerne.

E: Abgrenzung nach links. Direkte und offensive Bewegung nach rechts durch drei gerade Speere. Hoch dynamisch und beweglich in seinem Gerüst. Abrundbar, faltbar, bei Angriffen von oben/unten. Hervorragende Standfestigkeit, die durch Verlängerung der Balken noch erhöht werden kann. Durch kaum eine Umformung aus dem Gleichgewicht zu bringen. Beliebter Buchstabe des STYLE.

F: Abgrenzung nach links, nur ein Standbein, verwundbar, instabil, Abgrenzung nach oben, dringt wenig effektiv mit zwei Speeren nach rechts ein. Gibt Angriffsfläche frei. Biegsam aber durch Überbetonung des oberen Balkens schnell im Ungleichgewicht. Dieser Buchstabe braucht einen stark stützenden Partner an seiner rechten Seite.

G: Selbstzerstörende Form. Nach allen Seiten rund gegen Aussen geschützt. Schlechte aber ausreichende Standfläche die allerdings durch Sonderform eines Knickes rechts unten verstärkt werden kann. Rechts oben kleiner Speer nach rechts. Die rechte Seite des Kreises ist nach Innen geöffnet so das ein Balken von rechts nach links ins eigene Zentrum weist.

H: Stabile nach rechts und links abgegrenzte Form mit Verbindungsstütze im Zwischenraum, gute Grundfläche, von oben angreifbar, offen. Symmetrisch, durch Mittelachse Bewegung nach vorne, durch Verlängerung der Standbeine Bewegung nach rechts/links. Liebt den STYLE.

I: Speer nach oben. Muss aggressiv werden zur Verteidigung. Keine Standfläche, nur einbeinig, von rechts und links bedrängbar und knickbar. Biegsam. Tendenz zum Schweben. Sonderzeichen des I-Punktes gibt mächtige Möglichkeiten zur Gleichsetzung mit anderen Lettern.

J: Grenzt sich nach rechts ab, dringt mit einem schrägen Haken nach links unten ein, ist leicht kippbar durch eine runde Standfläche. Ausgleich durch knicken und Verlängerung des Balken nach links möglich. Bewegung nach links.

K: Grenzt sich nach links ab, dringt mit zwei schrägen Speeren nach rechts ein, der untere dient dabei als Stütze und schafft eine ganz gute Standfläche. Kann Angriffe massiv abwehren. Hat eine klar definierte Grundform die leicht zu stören ist.

L: Umkehrung des J. Grenzt sich nach links ab. Gerade Standfläche nur unten. Versteckter Angriff nach rechts, kann aber durch seine Einseitigkeit gekippt werden. Knickbar, faltbar, beliebig verlängerbar.

M: Stabil nach rechts und links abgegrenzt. Gute Standfläche. Durch Spitzen nach oben/unten gut geschützt. Insgesamt sehr gut und massiv verteidigt. Knickbar, faltbar, STYLEbar; durch Verlängerung der Stützen/Beine, Bewegung nach links oder rechts. Durch Mittelachse Bewegung nach vorne. Entspricht manchmal einem um 90 Grad gedrehten E.

N: Stabil nach rechts und links gestützt und gespannt durch innenraumdurchquerende Strebe. Leichter Angriff nach oben und unten, dynamisch, biegsam, sprungbereit. Etwas aggressiver und schneller, aber auch angreifbarer als das M. Bewegung nach rechts/links; gegensymmetrisch. Mittelachse erlaubt Bewegung nach vorne. Schwer zu STYLEn aber dankbar für Neuerungen.

O: Grosser durch runde Form verteidigter Innenraum, liquid. Nicht angreifbar und nicht angreifend. Hat durch den STYLE eine Neudefinition erfahren, um durch diesen formbar zu werden. Durch seine Eindeutigkeit erfährt es oft kompletten Austausch durch Character oder andere Kreissymbole.

P: Grenzt sich nach links ab. Keine Standfläche, leichte, zurückhaltende Nachfrage nach rechts. Kippbar, unten angreifbar und instabil, zu wenig aggressiv, oft schwebend.

Q: Ein O in welches man eindringen kann. Der Splitter im Auge Gottes. Bekommt etwas Standfläche durch Balken der aber auch ins Zentrum dringt. Selten im STYLE zu sehen.

R: Gestütztes P. Dadurch aggressiver nach rechts und nicht so angreifbar. Die obere Rundung kann besser agieren; gute Standfläche. Sehr beweglich und schnell. Die Rundungen sind knick -und faltbar ebenso wie verlängerbar. Edler Buchstabe des STYLE.

S: Die Königin des Alphabets, feminin; nach rechts und links schnell und aggressiv durch je einen Speer und eine Kurve. Muss angreifen, weil es keine Standfläche hat. Bewegung in alle Richtungen. Windet sich wie eine Schlange oder knickt und faltet sich an vielen möglichen Stellen. Einer der formbarsten und beliebtesten Lettern der Writer.

T: Abgegrenzt nach oben. Nur ein Standbein. Wird aggressiv nach links und rechts da durch ein Standbein extrem anfällig aber ausgewogen. Reagiert äusserst empfindlich auf Störung seiner Symmetrie. Biegsam, oft schwebend.

U: Schlechte , runde Standfläche, grenzt sich nach links und rechts ab, dringt nach oben vor, fängt aber Angriffe von oben auch gut ab. Symmetrie ist aufhebbar. Biegsam, faltbar und kippbar; stabil aber auch debil.

V: Verwandt zum U. Aggressiv da spitze Standfläche; drängt nach oben, rechts und links. Umgedrehtes und instabiles A; faltbar. Muss sich durch Schräge rechts und links verteidigen und gleichzeitig angreifen; flüchtig.

W: Gedrehtes M, doppeltes V. Dringt mit drei Spitzen/Speeren nach oben mit zwei nach unten vor. Knickt und faltet sich gerne nach Innen um den Stand zu erhöhen.. Gute Standfläche, aggressiv; wehrt ab durch Angriff. Bewegung nach rechts/links durch Betonung eines Armes. Greift nach vorne durch Mittelachse. Dynamisch und Sprungbereit.

X: Konzentrisch mit Drehpunkt als Mittel zur Bewegung. Gute Standfläche; wehrt aggressiv ab und greift an. Gewalt geht vom Mittelpunkt aus, der kaum angreifbar ist. Nach allen Seiten aggressiv und standhaft. Starr und fest aber durch Haken und Pfeile dynamisch. Drehbewegung nach rechts/links.

Y: Schlechte Standfläche die oft durch Neudefinition des Buchstabens (Herz/Lilie) verbessert wird. Schräges, instabiles Standbein; agressiv nach oben öffnend und von rechts nach links schräg abgrenzend aber kippbar.

Z: Der König des Alphabets; maskulin. Umgedrehtes geknicktes S. Gute, beliebig verlängerbare Standfläche. Aggressiver als S durch je ein Dreieck und einen Speer oder Haken nach links und rechts, oben und unten abgedeckt. Raumdurchquerende Diagonale macht stabilen Angriff nach rechts und links möglich. Faltbar, formbar, sprungbereit. Glücklich im STYLE zu wohnen.

GROSS und kleinschreibung:

Da die Kleinschrift eigentlich nur dazu dient das Schreiben mit der Hand zu beschleunigen, ist Sie im Druck eher als Überbleibsel vergangener Zeiten anzusehen. Im STYLE bedienen sich deshalb Writer Ihrer ohne besondere Regeln zu beachten. Im TagSTYLE oder im OutlineSTYLE kann Sie zum Einen natürlich als Schreibschrift auftauchen. Im OutlineSTYLE haben aber sonst die Grossbuchstaben Vorrang und Kleinbuchstaben dienen eher als ästhetische Spielereien. Ohnehin unterscheiden sich nur weniger als die Hälfte der Kleinbuchstaben deutlich von ihren grossen Geschwistern. Wichtig und neudefiniert im STYLE sind bisher lediglich drei davon geworden:

a: Rollt sich in sich selbst ein und bietet dadurch viele Möglichkeiten der Umformung. Der Bogen oder Haken nach oben links wurde für
viele Formen neu definiert.

e: Erfährt häufig Verwendung. Wird aber meist nur als Gegenpol zu stark geSTYLEten Grossbuchstaben eingesetzt ohne in seiner Grundform verändert zu werden. Der Speer/Haken unten rechts kann verlängert und betont werden. Gedreht ein kleines g.

t: Durch die klar symmetrische und kaum angreifbare Form des grossen T wird das kleine t oft als dankbarer, vielfältiger Ersatz verwendet. Es ist biegsam und durch den Knick nach rechts verlängerbar. Der Querbalken ist jedoch genau so starr wie der des grossen Bruders.

DIE SYMBOLE IM STYLE

Symbole können mit einem einzigen Zeichen ganze Philosophien oder Ideologien versinnbildlichen. Wohl kein bekannteres, das sich nichtirgendwann in irgendeinem STYLE gezeigt hätte. Wir erwähnen hier in Kürze nur die Zeichen, die sich so stark auf den STYLE auswirkten, dass Sie mit Ihm und seinen Formen verschmolzen.
Die ZAHLEN: Als schriftergänzendes Attribut wird oft eine Zahl oder eine Zahlenkombination aus arabischen oder lateinischen Zahlen hinter den Writingnamen gesetzt. Diese dienen der Unterscheidung zu gleichartigen, schon existierenden Namen oder der näheren Erklärung von Geburtsjahr, Hausnummer u.v.a. Die Gestaltung der Zahlen unterliegt den Regelmässigkeiten der STYLE-Bearbeitung. Die Zahl ist im TagSTYLE häufiger eingesetzt als bei Pieces.
Der PFEIL: Der Pfeil ist das wichtigste Symbol im STYLE. Schon im TagSTYLE wurde der Pfeil früh als individualisierendes Mittel eingesetzt. Der Pfeil hat mehrere Funktionen. Er unterstützt Bewegungen und Richtungen im STYLE und verdeutlicht deren Dynamik. Er wird meist ab dem SemiWildSTYLE eingesetzt und ist oft vermehrt am Anfang und Ende des Wortes angebracht. Das hat einen guten Grund. Der Pfeil ist das offensivste Verteidigungssymbol des STYLE als Schutz nach Aussen und gegenüber anderen STYLES. Pfeile können vielfältig und in grosser Zahl eingestzt werden. Sie sind in vielen Fällen mehrmals geknickt oder schwungvoll verschlungen und einige Writer gehen so weit Pfeilen an bestimmten Stellen bestimmte Funktionen und Namen zuzuordnen. Durchbohren Pfeile Lettern des eigenen STYLES oder zeigen in den STYLE wirken Sie selbstzerstörerisch.
Die SPLITTER: Diese Elemente befinden sich oft am Ende eines Letternbalken. Sie führen dessen Form weiter oder schliessen Sie ab. Sie können aber auch als splitternde, als zerstörte Elemente im Buchstaben vorkommen und so die Form des Letters in kleinere Teile auflösen. Eine Weiterführung des dreieckigen Splitters in die dritte Dimension ist die Pyramide.
Die ZINNE: Sie dient als Basis für Pfeile oder Splitter und ist meist an den längeren Seiten der Stabenbalken angebracht.
Das HERZ (oder Lilie): Dient häufig als zusätzliche Stütze instabiler Lettern wie T/F/P aber auch Y. Herzen werden überall dort angebracht, wo eine Form-stärkung durch ein Gegengewicht notwendig ist. Das Herz kann auch oft das O komplett ersetzen.
Der KREIS und der STERN: Kommen in enger Verbindung zueinander im STYLE vor. Der Kreis als O, der Stern meist fünfzackig im Inneren. Häufig ersetzt der Stern den Kreis als I-Punkt. Trotzdem werden Sie in ihrer reinen Form nur selten im STYLE direkt angewendet sondern eher als Designs eingesetzt.

BEARBEITUNGSFORMEN IM STYLE

1. Vom PUNKT zur LINIE zur FLÄCHE
Die leere Fläche ist ein faszinierendes Objekt. Meist weiss, beige oder grau stellt Sie sich dem Writer als zu bekämpfendes, formloses und neutrales Nichts ohne Dimensionen dar. Der Stift oder die Sprühdose erlaubt es nun, aus diesem gegebenen Nichts, Formkosmen in alle Richtungen wachsen zu lassen. In diesen abgeschlossenen STYLEWelten regieren die inneren Konstanten der Buchstaben-formen. Der erste Kontakt der Dose und des Markers, ja jedes Malgerätes auf der zu gestaltenden Fläche, ist der Punkt. Von ihm geht alles aus und aus ihm entsteht jede weitere Aktion. Im TagSTYLE ist der Punkt ein oft nicht unwichtiger Teil der Gestaltung. Vom beginnenden Zentrum des Punktes führt uns die Hand schnell zum wichtigsten Zeichenelement des STYLE, der Linie (dem bewegten Punkt). Der Buchstabe des TagSTYLE wird als kalligraphische Handschrift ausschliesslich mit Linien gezogen und seine STYLE -und formbarkeit beschränkt sich auch nur auf das Manipulieren dieser einen Buchstabenlinie. Die erste Linie, der erste Schwung den der Writer zieht ist oft entscheidend für den Fluss des gesamten Bildes. Es gibt zwei Grundlinienformen. Die Gerade und die Gebogene. Dies bilden zwei elementare Grundflächen, die durch die kürzeste Verkettung der jeweiligen Grundlinien entstehen. Das DREIECK ist die erste Form beziehungsweise Fläche, die sich durch gerade Linien eingrenzen lässt. Der KREIS oder das Oval entsteht in der Verlängerung der Gebogenen. Das QUADRAT oder Rechteck steht symbolisch als Überform das die beiden vorangegangenen einschliesst. Dreieck, Viereck und Kreis als eigentliches N-Eck. Diese drei Flächenformen sind enorm wichtig für den Aufbau des Alphabets, denn auf Ihnen basiert das gesamte symbolische Verständnis der Menschheit. Im STYLE erlangten Sie erst mit der Entwicklung des MasterPiece, dem mit Outlines umrandeten Schriftzug, Bedeutung. War TagSTYLE Linie und Fläche in einer Gestalt, so stellte das MasterPiece den evolutionären Schritt dar, der das Writing explodieren liess. Von nun an stand nicht mehr nur eine Linie zur Umformung zur Verfügung, sondern Zwei, nämlich die gegenüberliegenden Kanten eines jeden Buchstabenteils. Ihre Bearbeitung definierte Form und Grösse der Flächen, die zusammengesetzt zu phantastischen STYLES erwuchsen.

2. Von der OUTLINE zum STYLE

Wir wollen hier analysieren wie man die Outline als Definition von Lettern-flächen manipulieren kann. Bei der Definition der Flächen ist es entscheidend, wie sich die gegenüberliegenden Linien zueinander verhalten: nah beieinander, parallel, elyptisch etc. Man kann die Lettern in Einzelformen aufteilen, die unabhängig voneinander geSTYLEd und gewichtet werden können. Es gibt zwei Arten von Outlines – einfache Outlines und mehrfach gezogene Outlines. Im 3D-STYLE ist es auch beliebt keine Outlines zu benutzen und die Flächen nur durch Schattierungen voneinander abzuheben. -Die Outline definiert die farbig zu gestaltenden Flächen und führt die optische Bewegung durch den STYLE. Sie dient der schnelleren Erfassbarkeit von augenblicklich wichtigen Informationen, ähnlich wie im Comicstrip. Wenn man mit den Augen der Outline folgt, wird man die einzelnen Elemente und Richtungen erkennen – wenn man zwischen die Linien schaut, wird man, wie im Vexierbild, die Gesamtzusammenhänge begreifen. Der STYLE brachte zahlreiche Sonderformen hervor um die Flächen der Buchstaben unzugestalten, wieder andere entlehnte er alten Traditionen der Schriftkunst.
• BINNENFORMEN: Die Innenräume der Lettern nehmen die Form von Stern, Pfeil, Schlüsselloch, Kreuz etc. an, oder es sind definierte Formen vom Letternrand in den STYLE geschnitten, sozusagen als Negativform.
• Die SERIFEN: Oft übertriebene Arten von Serifen schmücken die Endungen der Stabenformen im STYLE. Sie machen die Lettern eleganter und geben oft neue Richtungen an, welche sich als Verbindungen zu anderen Lettern herausstellen können.
• Der HENKEL: Wie eine dünne Umleitung verbindet der Henkel Stabenformen die unabhängig voneinander sind. Er kann aber auch aus einer Gesamtstabenform wachsen und hat dann eher die Anmutung einer Zinne. Am Buchstabenende, als Pfeilverschlingung oder als Verbindungselement, dienen häufig eine breite Palette an Wirbeln, Schwänzen, Schnecken, Spiralen und Schleifen, die mehr Schwung in den STYLE bringen sollen. Zwei Linienformen haben sich als Formbestimmend etabliert.
• Der BRUCH: Er differenziert die Flächen innerhalb des STYLES und wird oft bei langgezogenen Formen als optische Unterbrechungangewendet.
• Der SCHNITT: Er durchquert die Stabenform der Länge nach, kann aber darüber hinausgehend ganze Stabenformen zueinander verschieben. Häufig wird er im KomplexSTYLE angewendet. Dort wird er aus der Flächenform heraus verlängert, um selbst neue Flächen zu bilden.
• SCHLEIM/TROPFEN: Schon hier beginnt das Gebiet, wo das Objekt das Symbol ausschmücken und letztendlich ersetzen will. Der Buchstabe sieht aus, als würde er zerfliessen, tropfen etc. Arabeske Pflanzenformen werden zu Lettern oder ganze Objekte übernehmen die Funktion des Alphabets, wie z. B. Bretter, Dosen, Häuser, Sägeblätter und was immer einem in den Sinn kommt. Pfeile werden zu Äxten oder Raketen, Buchstaben sind behaart u.s.w. In dieser fast schon eigenen StilArt kann durch die Symbiose von Character, Objekt und STYLE eine gesamte
Geschichte in ein Wort verpackt werden. Eine festgelegte Outline muss nicht immer die endgültige Wirkung eines STYLES beschreiben. Auch in diesem Punkt stehen noch viele Mittel offen.
• Das KASCHIEREN: Alle STYLES bis zum WildSTYLE sind schwer zu kaschieren. Man erkennt schnell wer ein Gefühl für Buchstaben und deren Beziehung und Dynamik zueinander hat und wer nicht. Dieses Gefühl kann durch lange Zeichenstudien und viel Praxis in der Umsetzung entwickelt werden, es wird sich bei intensiver Beschäftigung von selbst einstellen und macht falsches kaschieren unnötig. Aus Fehlern kann man im STYLE, durch ihre Überarbeitung, häufig neue Ideen entwickeln. Das Kaschieren beginnt im WildSTYLE, weil es hier und im KomplexSTYLE noch viel mehr die Möglichkeit gibt, durch viele Linien die eventuellen Schwächen der Lettern und Elemente zu überdecken oder deren Stärken hervorzuheben. Mit zu vielen Brüchen kaschiert man oft SimpelSTYLE oder SemiWildSTYLES und baut Sie unter Zuhilfenahme einiger Pfeile zum PseudoWild STYLE aus. Das Kaschieren von schwachen Letternformen ist ein zweischneidiges Schwert. Starke Letternformen werden durch gutes Kaschieren nur noch verstärkt. Wenn die zu kaschierende Form von der Schwäche ablenken soll oder diese überdeckt, so wird das den STYLE noch mehr schwächen. Weist man jedoch durch ein kaschierendes Element extra auf diese Schwäche hin und zeigt und überhöht Sie damit, so wird das den STYLE stärken.

3. Zusammenspiel im STYLEKomplex
Die Lettern können im STYLE auf mehrere Arten Beziehung aufnehmen oder sich voneinander abgrenzen. Man sollte bei der Einzelbearbeitung der Letternformen viele gleichartige Grundformen und Attribute verwenden. Die Buchstaben können sich an ihren Berührungspunkten überlappen oder verschmelzen. Eine weitere Möglichkeit ist der Glas -oder Spiegeleffekt, der sich ergibt, wenn bei der Überschneidung der Buchstaben die Outlines beider Lettern zu sehen sind. Ein Buchstabe kann aber ebenso in den anderen schneiden oder hindurchbrechen, was eine Mischform aus Überlappung und Verschmelzung darstellt. Eine Stabenform kann in einem Loch in der Letternfläche des anderen verschwinden, um auf der anderen Seite wieder herauszukommen. Im STYLE wird nicht nur erkannt, welche Charaktereigenschaften jeder Buchstabe hat, sondern auch, in welcher Kombination von Lettern diese Eigenschaften optimal ausgenutzt werden können. Kurz, wie die Lettern miteinander agieren. Man kann Buchstaben durch bestimmte Stellungen im Wort sich gegenseitig stützen, tanzen, kämpfen lassen. Die VERBINDUNGEN von Lettern durch formverlängernde Balken innerhalb des STYLE ist grenzenlos. Die Verbindungsstreben können hinter, vor oder durch die Letternform geführt werden. Oft bestimmen diese Verbindungen zwischen den Lettern die Hauptdynamik und Blickbewegung durch den STYLE. Eine beliebte Verbindungsform im STYLE ist der Basisbetonte Stützbalken, der oft vom ersten bis zum letzen Letter den STYLE durchzieht.

Ein STYLE ist nach den bekannten Regeln des Bildaufbaus gestaltet. Spannung, Symmetrie, Spiegelung, der goldene Schnitt und viele weitere bildkompositorische Überlegungen sind der intuitive ästhetische Anspruch jedes Writers an sein Piece. Deshalb ist es oft notwendig und nützlich, den STYLE an manchen Stellen durch die Zugabe von STYLEergänzenden Symbolen zu stärken, aufzulockern, interessanter zu machen. Es gibt eine Reihe von Formbeziehungen im Alphabet, welche wir hier kurz nach verschiedenen Kriterien zusammenstellen wollen. Das soll uns helfen die Kombinatorik und Rythmisierung der Zeichen besser zu verstehen.

Formbeziehungen im Alphabet:

AV VW NZ SZ OCGQ UV BPR RK PF EF CD UJ IJ JL EL TF HM XY

Zweibeiner:AHKMNRW / Einbeiner:FIPTVY / gebogene Basis:BCDGJOQU / ebene Basis:ELZ
Quadrat:EFHKLMNTXZ / Kreis:SQOG / Dreieck:AV / Halbkreis: UPCDBJ
Mischformen – Quadrat/Dreieck: WY / Viertelkreis: R / Linie: I

Der Punkt ist die Ausgangsbasis, das Explosionszentrum des STYLEKosmos. Von Ihm aus erstrecken sich die Linien und Äste des Gedankengewächses, welches auf das Papier gebannt wird. Oft sieht man den STYLE schon auf das Papier gebrannt, bevor man beginnt zu zeichnen. Der STYLE wächst und wuchert jedoch meist mit der Schreibrichtung von links nach rechts, wobei sich die anfängliche Idee meist erst im Akt des Zeichnens verdichtet. Wie unglaublich viele Zustände der Punkt bis zur kompakten Erstarrung seiner Form durchläuft, welche Wege er hätte gehen können und welche Ursachen den Geist in der jeweilig relevanten Sekunde dazu veranlasste, die Linie in diese oder jene Richtung sich strecken zu lassen, ist ausserhalb des momentanen Fassungsvermögens. Sicher jedoch ist, dass man nicht nur einfach dasitzt, über etwas nachdenkt, und die Hand übersetzt diese Gedanken einfach in einen Code. Vielmehr denkt man über den STYLE nach und erstellt auf dem Papier Formen, die im bestimmter Wirkung im Gehirn erklingen. Diese Klänge lassen neue Formen spriessen, welche wiederum neu wirken. Es ist ein faszinierendes Spiel und der STYLE ist die seismo-graphische Aufzeichnung der jeweiligen psychischen Zustände , die man während der Erstellung durchlaufen hat. Der STYLE begann früh sich von der Fläche abzuheben und aus ihr herauszutreten, denn es wurde schon immer versucht den Buchstaben möglichst plastisch darzustellen. Die erste Stufe hierzu sind die SCHATTEN. Wo man den Schatten setzt ist der Vorliebe überlassen. Der Schatten definiert den Lichteinfall (als Gegensatz zum Schatten wird im Letter oft eine Lichtkante, Highlight gesetzt – ein Effekt um die Plastizität zu erhöhen). Das zweite plastische Element ist der 3D-BLOCK. In seiner einfachen Form ist er, wie der Schatten, solide gefüllt. Seine gebräuchliche Bearbeitung ist aber die farbige Absetzung zur Füllung des STYLE selbst. So entsteht durch den zweiten flächigen Kontrast zur Outline ein die Raumtiefe hervorhebender Effekt. Der Papiereffekt im STYLE, also die Knickung der Fläche der Staben in sich, eröffnet den Weg zur dreidimensionalen Bearbeitung der bis dahin flächigen Form der Lettern, die nur durch Addition des Blocks aus der Fläche getreten ist. Wenn man die Staben in Verbindung mit dem 3D-Block in sich dreht, kann man den gesamten STYLE wie eine Skulptur bearbeiten. Durch Schattenwurf und gezielt eingesetzte Farbigkeit kann die Wirkung des 3D-Effekts noch gesteigert werden. Durch die Überlappung des 3D-Blocks mit der Letternform oder sogar deren teilweise Verschmelzung (der Block übernimmt die Aufgabe der Vorderseite und umgekehrt), verliert man zwar Information an direkter Leserlichkeit der einzelnen Buchstaben, man gewinnt aber die Stellung der Lettern im Raum und den Zugang zur Vieldeminsionalität hinzu.

Z. AUSSICHT
Der Krieg der Stile ist ein symbolischer Krieg, ein Krieg der Symbole. Hier geht es um territoriale Kämpfe auf einem geistigen Schlachtfeld. Die Streitigkeiten werden im STYLE ritualisiert und durch das Symbol symbolisch überhöht. Das Alphabet in seiner Funktion als STYLE ist als geistige Waffe zu begreifen. Der Krieg der Symbole tobt seit Jahrtausenden zwischen den einzelnen heilsver-kündenden Weltbewegungen. Writing transportiert diesen Krieg der Symbole dahin, wo er am nötigsten und folgerichtigsten zu führen ist … unter die einzelnen Individuen. Niemand ist mehr privilegiert das Alphabet zu manipulieren. Jeder der das Alphabet benutzt, hat ein Recht dazu. Der Symbolismus des Alphabets und seine enorme energetische Kraft liegt in der Form der Lettern-Symbole. Der individuelle Akt der Manipulation dieser Formen nutzt diese Kraft. STYLE ist eine perfekt konkrete und trotzdem abstrakte Vision. Durch die Zerstörung und Neuerschaffung der Lettern im STYLE hat sich eine Auseinandersetzung mit dem uns allumgebenden Alphabet herauskristallisiert, die unerwartet und positiv ist. Aus der ganzen westlichen, vom Alphabet beherrschten Welt, verbinden sich viele in den Städten lebende Jugendliche friedlich durch die Schaffung einer eigenen, neuen Art der Kommunikation. Diese Art der Sprache basiert auf Analyse, Reduktion und Umformung der alten Symbole zu einer persönlichen Ausdrucksform. Der STYLE wird anfangen sich zu animieren. So wie er in den Gehirnen der Writer sich ewig deformierend neu zusammensetzt, so wird er im Computer in Bewegung geraten. Das Netz ist hierzu nur der erste Schritt. Der STYLE wächst gewaltig in die dritte Dimension. Die abstrakt futuristischen Träume der STYLEKonstrukte sind nicht verflogen. Es werden STYLESkulpturen entstehen und reliefartige Pieces. Der STYLE wird sich in Gebrauchsgegenstände, Möbel, freie Aussen -und Innenraumskulpturen, Spielzeuge, Architektur und Animation einprägen. Da Writing zum urbanen Merkmal geworden ist, das meist positiv aufgenommen wird (bis auf die Tags), kann man es immer häufiger als stadtgestalterisches Mittel antreffen. Die Writer träumen von über und über bemalten Zügen und Wänden, von Gebäuden die aus Style geformt sind, ein virtueller Komplex von sich ewig transformierenden, begehbaren Lettern, ein Programm sich selbst erfindender STYLES. Der STYLE sieht als Leinwand die technische Umwelt an, soweit diese ihm Flächen zur Verfügung stellt. Das Einfügen in diese Umwelt, das Anpassen an architektonische Bilder des Untergrundes, das Projezieren auf die tonnenschweren Massenverkehrsmittel und die Faszination an dieser speziellen technischen Umwelt, macht die Writer zu den wahren Futuristen des ausgehenden 20. Jahrhunderts. Da es auf diesem Planeten kein Gebiet gibt, das nicht erforscht wird, werden sich auch immer mehr Writer und Forscher theoretisch, wissenschaftlich mit dem Phänomen STYLEWriting auseinandersetzen. Diese trockene Bearbeitung geschieht, um in der Praxis den Umgang mit STYLE effektiver zu machen. Der STYLE ist eine exakte Metapher der Informationsflut unseres Zeitalters. Da die Grenzen von sinnvoller und sinnloser Information und Kommunikation in der Masse der zu verarbeitenden Information verschwimmen, ist die Menschheit gezwungen, alles oder nichts zu ver -und bearbeiten. So findet STYLE schon heute problemlos den Weg ins Netz wo er problemlos, virulent kommuniziert; der globale Zusammenschluss der Information über Writing und der Zugang aller zu dieser Information ist erklärtes Ziel vieler aktiver Sprüher. Das ist der Krieg der Stile, der Krieg der Zeichen, die Häresie des Informationszeitalters, wahrhaft sinnlose Information im friedvollen Krieg der Lettern. Dieser Krieg tobt durch die westliche Welt wie ein Orkan. Die vandalisierenden Form – und Farbräusche auf den Mauern und Zügen der Metropolen nehmen verheerende Ausmasse an. Neben den kommerziellen Werbeflächen hat sich etwas anderes, buntes ins Stadtbild geprägt. Der freie, individuelle Wille, seine Gedanken und Gefühle durch STYLE direkt, visuell und öffentlich mitzuteilen.

© SCUM / CHEECH H / TECHNO 169

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