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Ed Night Photography – Süddeutsche

Fotografen die in Yards und Tunnel rennen gibts mittlerweile viele, aber wenige die deswegen von der Süddeutschen Zeitung zum Smalltalk gebeten werden, einige Fragen und Antworten mit Ed Night nach dem Jump

Wie kamen Sie zur Graffiti-Fotografie?
Das hat damit zu tun, dass ich selbst aktiver Sprüher war. Da habe ich ja auch meine Bilder fotografiert. Irgendwann habe ich gemerkt, dass mir die Fotos besser gefallen als die gesprühten Bilder und ich mich lieber mit dem Bilder schießen als dem Bilder malen beschäftige. Also bin ich umgestiegen.

Die Fotos stammen von Zügen aus ganz Europa. Haben Sie eine Städtetour mit Sprühern gemacht oder mit Leuten vor Ort gearbeitet?
Sagen wir 50/50. Ich schaue, mit wem ich gut klar komme oder wen ich gerne kennen lernen würde. Aber ich bin kein Alleingänger, ich reise lieber in Begleitung.

Warum beschränken sich Ihre Fotos auf Züge?
Graffiti auf Zügen ist für mich die atmosphärischere Form von Graffiti. Im Gegensatz zum Sprühen auf der Straße muss man einen irren Aufwand betreiben, um an die Züge zu kommen. Gerade um in den Schacht zu kommen, wenn man zu den U-Bahnen will. Wo ist der Eingang, wo sind die Kameras? Wie bleibe ich ungesehen? Das macht für mich den Reiz aus. Wenn man nicht vor Ort war, kann man die Atmosphäre in den Bahnanlagen vielleicht nicht nachvollziehen. Aber Graffiti ist ja an sich kein wirklich nachvollziehbares Hobby.

Das Besprühen dauert in der Regel 20 Minuten. Was machen Sie in dieser Zeit?

Ich mache so viele Fotos wie möglich, was nicht einfach ist, weil die Lichtverhältnisse vor Ort in den Zugdepots eher schlecht sind und ich deswegen mit offener Blende und langen Verschlusszeiten fotografieren muss. Das ist ein kleiner Drahtseilakt. Zum Anderen halte ich natürlich Augen und Ohren offen. Ich will ja nicht erwischt werden.

Wurden Sie jemals erwischt?
Bis jetzt noch nicht, das kann sich aber sehr schnell ändern. Aber die Leute, mit denen ich unterwegs bin, kennen sich vor Ort sehr gut aus, die malen schon seit zehn Jahren, richten teilweise ihr ganzes Leben auf Graffiti aus und besprühen fünf Züge in der Woche. Es gab zwar Situationen, in denen wir entdeckt und verfolgt wurden, richtig brenzlig wurde es aber noch nie. Sagen wir: Ich versuche, diesen Teil auszublenden.

Falls Sie erwischt werden, drohen Ihnen Strafen bis zu 100 000 Euro. Warum nimmt man so was auf sich?

Es ist meine Passion. Mir macht es einfach zu viel Spass, als dass ich mir das verderben lasse, weil die Konsequenzen so drastisch sind. Wenn ich erwischt werde, bin ich genauso am Arsch wie die Sprüher. Darum bleibe ich auch lieber anonym. Natürlich würde ich mich gerne legal irgendwie absichern, mit einem Presseausweis zum Beispiel, aber das geht nicht. Von daher ist es mir auch egal. Ich mach das nur für mich. Für mich und andere Sprüher.

Und warum stellen Sie die Fotos dann auf eine Homepage?

Stimmt, das ist schizophren. Aber so ist Graffiti nun einmal.

Interview: Sueddeutsche Zeitung
via GM