Die Deutsche Bahn veröffentlicht einen Bericht zu Graffitischäden bei der Deutschen Bahn im Jahr 2011. Danach sinkt die Zahl der Graffiti an Zügen und Bahnanlagen erstmals seit 2007 wieder um 3,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr 2010. Die regionalen Schwerpunkte der Delikte liegen in Berlin, Sachsen und Nordrhein-Westfalen. Reinlesen in den Bericht nach dem Jump
Graffitischäden bei der Deutschen Bahn50 Millionen Euro Schaden jährlich • Deliktzahlen in 2011 rückläufig • konsequente Strafverfolgung und umfassende Präventionsmaßnahmen
(Berlin, Januar 2012) Für die Jugendlichen sind sie häufig nur „dumme-Jungen-Streiche“, der Kick etwas Verbotenes zu tun, die Suche nach Anerkennung in einer angesagten Szene – also nicht weiter schlimm. Für die Deutsche Bahn bedeuten sie jährlich immense Schäden: Graffiti. Seit die Graffiti-Welle in den achtziger Jahren aus den USA nach Deutschland schwappte, gehören Züge und Bahnhofgebäude zu den beliebtesten Zielen der Sprayerattacken.
Beschmierte Züge, beschädigte Sitze und zerkratzte Scheiben sind ein Problem, mit dem die Deutschen Bahn täglich konfrontiert wird. Der Schaden, der der DB dadurch entsteht, beläuft sich jedes Jahr auf rund 50 Millionen Euro. Geld, das die DB lieber ihren Kunden zu Gute kommen lassen würde.
Für die ersten drei Quartale 2011 beläuft sich die Zahl der Vandalismusschäden laut DB-Securitybericht auf 33.834 Delikte, 11,3 Prozent weniger als im vergleichbaren Zeitraum 2010. Davon entfallen 10.497 auf Graffiti-Vorfälle. Damit sinkt die Zahl der Graffiti-Schmierereien an Zügen und Bahnanlagen erstmals seit 2007 wieder um 3,8 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Die regionalen Schwerpunkte der Delikte liegen in Berlin, Sachsen und Nordrhein-Westfalen.Sprayer kommen aus allen sozialen Schichten
Graffiti bilden neben Kratzattacken, dem sogenannten Scratching, bei der Deutschen Bahn den Schwerpunkt der Vandalismusdelikte. Betroffen sind vor allem S-Bahnen, Nahverkehrs- und Güterzüge, Brückenpfeiler, Bahnhofsgebäude und Lärmschutzwände. Art und Größe der Verschmutzungen variieren stark. Mal sind es „nur“ kleine Kritzeleien im Innenraum der Züge – vor allem auf den Toiletten. Oft sind aber ganze Züge oder Bahnhofswände mit Farbe überzogen. Dieses sogenannte „bomben“ eines Graffitis ist in der Szene besonders angesehen. Züge und Bahnen, mit denen das gesprayte „Kunstwerk“ quer durchs Land fährt, sind damit besonders beliebt. Was außer Acht bleibt: In solchen Fällen geht der Schaden schnell in die Zehntausende.
Der Begriff Graffiti (Singular: Graffito) stammt aus dem Italienischen und bezeichnet laut Duden ursprünglich eine in eine Wand eingekratzte Inschrift. Die Graffiti-Bewegung entstand in den frühen siebziger Jahren in New York und verbreitete sich von dort aus ab Anfang der achtziger Jahre in der ganzen Welt. Das einst als kurzlebig eingestufte Phänomen ist mittlerweile fester Bestandteil der Jugendkultur. Unter Graffiti versteht man mit Spraydosen gesprayte oder mit Filzstiften gemalte Schriftzüge und Bilder (pieces). Verbreitet sind auch die mit Filzschreibern gekritzelten Signaturen (tags) einzelner Sprayer oder ganzer Gruppen
Die Sprayer-Szene zieht vor allem männliche Jugendliche und Heranwachsende im Alter von 14 bis 21 Jahren an. Und anders als zu Beginn der Graffiti-Ära, als die Sprayer vorrangig aus den sozial schwachen Vierteln New Yorks stammten, kommen sie heute aus allen gesellschaftlichen Schichten.
Die Reinigung erfolgt oft in aufwändiger HandarbeitDie Entfernung von Graffiti erfordert Erfahrung und Fachwissen.
Aufwand, Umweltbelastung und Kosten sind enorm. Um die aufgesprühte Farbe vom Lack der Züge zu entfernen, werden stark reizende Chemikalien eingesetzt. Die Reinigung der Züge ist daher nur in speziell ausgestatteten Werkstätten unter Einhaltung von strengen Arbeits- und Umweltvorschriften möglich. Mitarbeiter der DB Service GmbH werden speziell geschult und müssen die einzelnen Farbschichten häufig in zeitintensiver und mühsamer Handarbeit Schicht um Schicht abtragen. Dabei greifen die Chemikalien die darunterliegenden Lack- und Folienschichten der Züge an. Lösungsmittelfreie und umweltfreundliche Lacke sind spätestens nach der zweiten „chemischen Reinigung“ zerstört und müssen komplett erneuert werden. Für die Reinigung eines S-Bahn-Zuges benötigen zwei bis drei Fachkräfte einen ganzen Arbeitstag. Die Kosten variieren je nach Größe und Schichtdicke des Graffitis. Die Volllackierung eines kompletten Zuges kostet bis zu 15.000 Euro und dauert rund sieben Tage.
Auch an Bahnhofsgebäuden und Lärmschutzwänden kommt es immer wieder zu Farbschmierereien. Vor allem bei historischen Gebäuden ist die Entfernung nicht immer ganz unproblematisch und erfordert fachliches Know-how. Bei Gebäuden aus Sandstein frisst sich der Lack regelrecht in das Gestein und kann nur durch eine teure Sandstrahlbehandlung entfernt werden. In anderen Fällen müssen Graffitiflächen immer wieder überstrichen werden, was die Luftdurchlässigkeit des Steins beeinträchtigt. Dann drohen Feuchtigkeitsschäden und die Bildung von Mauerschimmel. Damit die Wände weiter atmen können, erhalten Bahnhofsgebäude zum Schutz vor Graffiti Beschichtungen aus mikroporösem Wachs.
Um das Erfolgserlebnis der Sprayer zu schmälern, werden die Schäden möglichst innerhalb von 24 bis 72 Stunden beseitigt. Besonders Hinweisschilder und Einrichtungen der Kundeninformation, wie z.B. Fahrplanaushänge, sollen so dauerhaft vor Graffitivandalismus geschützt werden.
Kein Kavaliersdelikt: Sprayer können 30 Jahre lang haftbar gemacht werden
Sobald öffentliches oder privates Eigentum illegal bemalt wird, handelt es sich um Sachbeschädigung. In Extremfällen drohen den Tätern bis zu zwei Jahre Gefängnis. Die Bahn erstattet grundsätzlich bei jedem Vandalismusdelikt Strafanzeige. Außerdem dokumentiert die DB alle Verschmutzungen: Die Graffiti einschließlich Signatur werden fotografiert, um eine spätere Zuordnung zum Täter zu ermöglichen und Schadensersatz fordern zu können. Was den wenigsten Tätern klar ist: Auch wenn sie unter das Jugendstrafrecht fallen, kann die Bahn bei rechtskräftiger Verurteilung die Schadensersatzzahlung bis zu 30 Jahre im Nachhinein einfordern. Da können schnell viele tausend Euro zusammenkommen. Oft kommt auch noch Hausfriedensbruch dazu, wenn z.B. Bahnanlagen oder Grundstücke unbefugt betreten werden. Wird ein Sprayer geschnappt, auch wenn er nur Schmiere steht, haftet er im Rahmen der gesamtschuldnerischen Haftung für den ganzen Schaden.
Mit Schutzlacken und Ordnungspartnerschaften gegen Graffiti
Um effektiv gegen die Schmierereien vorzugehen, arbeiten die DB-eigenen Sicherheitskräfte eng mit der Bundespolizei zusammen. Außerdem pflegt die Deutsche Bahn einen engen Kontakt zu den Landespolizeien. Präventions- und Aufklärungskampagnen in Schulen sollen helfen, den Jugendlichen die Konsequenzen illegalen Sprayens deutlich zu machen.
Zum Schutz von Zügen und Bahnhofsgebäuden setzt die DB Schutzlacke und Graffiti-Schutzfolien ein. Außerdem werden die Zugabstellanlagen mit neuster Technik und mehr Personal bewacht. Gebäude erhalten zum Schutz neben Lackanstrichen so genannte „Opferschichten“. Darauf lassen sich Graffiti leichter entfernen. Allerdings muss die Schicht nach drei bis vier Reinigungen erneuert werden. Eine bessere Ausleuchtung gefährdeter Bereiche im Zusammenhang mit Videoüberwachung soll die Sprayer zusätzlich abschrecken.
Eine weitere Maßnahme sind ehrenamtliche Kooperationen in der Fläche: Ehrenamtliche Helfer betreuen Bahnhöfe in ihrer Nähe. Sie melden Schäden, führen selbst kleinere Reparaturen aus und kümmern sich um die Sauberkeit der Station. Dabei geht es nicht nur darum, die materiellen Schäden einzudämmen. Auch das subjektive Sicherheitsgefühl der Fahrgäste soll gesteigert werden. Denn Fahrgäste fühlen sich in beschmierten Zügen, Wartehallen und in Abteilen mit zerkratzten Scheiben unwohl.
Herausgeber: Deutsche Bahn AG
Potsdamer Platz 2, 10785 Berlin, Deutschland
Verantwortlich für den Inhalt:
Leiter Kommunikation Oliver Schumacher