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UP – “Things might have been different” – Breivik war Graffitisprüher

In diesen Teilen seines Manifests (PDF) spricht der norwegische Massenmörder Christian Anders Behring Breivik bekanntlich über seine Rolle als Graffiti Writer und bezeichnet sich selbst als einen der aktivsten Bomber und Tagger in Oslo. “I used to write Morg and was the most active tagger in Oslo as several people in the old school hip-hop community can attest to.” Er spricht tatsächlich gern und oft über seine Graffiti-Periode im Alter zwischen 13 und 16 Jahren. Denn genau dort will er zum Teil auch Ursprünge von Aggression und Gewalt sehen. Er selbst könne attestieren das viele HipHop Anhänger und Graffiti Writer aufgrund des starken Konsums von Haschisch und Marijuana als direkte Folge ihre Zukunft verbaut hätten. Ein Kommentar zu dieser entstandenen Debatte, ob Graffiti Jugendliche auf die schiefe Bahn bringt oder sie von Schlimmerem abhält, wurde kürzlich im schwedischen Graffitimagazin Underground Productions veröffentlicht. In der 45. Ausgabe findet sich unter der Rubrik “Word is that…” (“Es wird erzählt, dass…”) folgender Artikel:

“WORD IS THAT… …the norwegian Terrorist Anders Behring Breivik, in his 1,500-page manifesto (…) condemns hip-hop and graffiti culture. Breivik remembers his years as a graffiti writer using the tag Morg, and that he finally saw no other way out than to abandon hip-hop at the age of 16: ‘I had to make a choice, either get away from hip-hop or to end up like so many others who destroyed their own future.’ (…)

Underground Productions bestätigt im Artikel das Breivik Teil der Graffiti Szene war, relativiert aber auch die Zusammenhänge und betont die positiven Einflüsse

“UP believes that hip-hop is a positive force, and that things might have been different had Breivik focused on graffiti rather than abandoning it.”

Weiterhin spricht Breivik in seinem Manifest vorwurfsvoll von einer ‚superliberalen, matriarchalischen Erziehung’, die ihn ‚zu einem gewissen Grade feminisiert’ habe. Dann erst in seiner frühen Jugend in Oslo, abends ‚herumzuhängen’, in einem ‚Krieg’ systematisch elektronische Fahrscheinautomaten beschädigen, dann als Graffiti-Sprayer gefasst und polizeilich erfasst, habe der Vater den Kontakt zum Sohn abgebrochen und ihn seither (also in den letzten 16 Jahren) nicht mehr gesehen.

Dann kam die Musterung, als untauglich eingestuft. Mit 21 Jahren die Schönheitsoperation, in der er sich Stirn, Nase und Kinn richten ließ. Später von 2005 bis 2007 war Breivik in einem Schützenverein, keine Freundinnen und so weiter. Zusammenfassend ergibt sich das Bild eines in seiner Identität und hinsichtlich seines Selbstwertes zutiefst verunsicherten, bindungsarmen und einzelgängerischen Mannes getrieben von schweren Selbstwertproblemen. Die Entstehung der krankhaften Idee und der Tat am 22. Juli 2011 hat mit seinem kurzen Auftritt als Graffiti Writer wohl letztendlich sehr wenig zu tun. Den UP Kommentar, quasi direkt aus der Szene kann man so stehenlassen. Aber In Breviks kurzer aktiver Zeit als Tagger einen Schwerpunkt seiner biografischen (Fehl-)Entwicklung zu sehen ist schlichtweg Unsinn.

Quellen: animal nyc/graffitiarchiv/ just / up