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FARBZÜGE – Interview & Preview

Seit gut 15 Jahren dokumentiert Emmett E. nun schon Graffiti und seine neue Publikation FARBZÜGE erscheint voraussichtlich Mitte Juni. Für uns Grund genug sich mit Emmett in einem Café in Neukölln zu treffen, ein kurzes Interview zu führen und ein paar exklusive Bilder aus dem Inhalt von FARBZÜGE mitzubringen.

FARBZÜGE erscheint mit Unterstützung des Verlags HITZEROT, die auf ihrer Webseite folgendes zum Buch und Autoren geschrieben haben:

Emmett E. fotografiert Graffiti seit vielen Jahren. In Farbzüge zeigt er dem Leser und Betrachter Fotos von bemalten Berliner S-Bahnen. Er geht dabei über den bloßen Aspekt der reinen Abbildung weit hinaus. Der Fotograf stellt das Graffiti als Signatur in den Hintergrund und fokussiert den Blick auf das Zusammenspiel der Farbe mit der Umgebung. Diese Herangehensweise ermöglicht es, die Motive an diversen Orten, zu verschiedenen Zeiten und aus einem neuen Blickwinkel zu betrachten.

Auf 144 Seiten zeigt Emmett E. den Kontext, den bemalte Züge in den wenigen Stunden oder Tagen ihrer Existenz durchfahren. Die chronologische Reihenfolge des Buches beginnt mit einer Aufnahme um 6:16 Uhr und endet um 22:48 Uhr. Die Kommunikation mit dem Betrachter der Werke und mit der jeweiligen Umgebung steht hier im Mittelpunkt. Seine Fotos zeigen Farbzüge in Situationen und zu Zeiten und Wetterbedingungen, in denen andere Trainspotter bereits Ihre Kamera in der Tasche verstaut haben und auf dem Heimweg sind. So sind vor allem Aufnahmen entstanden, die mit dem etablierten Stil von Graffiti in Magazinen und Büchern brechen.

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Anbei Fotos und ein Interview mit Emmett E.:

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Hallo Emmett E., stelle dich doch kurz einmal vor.

Hallo, ich bin Emmett E., lebe in Berlin und dokumentiere seit vielen Jahren das Graffitigeschehen um mich herum.

Bald erscheint dein Buch FARBZÜGE. In der Einleitung schreibst du, dass deine Motivation zum Fotografieren von Zuggraffiti eine andere ist, als es normalerweise der Fall ist. Wie gehst du an deine Arbeit? Was wird gezeigt?

Ich habe für mich den Anspruch entwickelt nicht nur das Graffiti als solches zu fotografieren, sondern in meinen Fotos auch das Umfeld zu zeigen. Eine gewisse Atmosphäre zu schaffen, so dass der Betrachter richtig in das Geschehen reingezogen wird. Man soll sich an die Situation erinnern und nicht nur an die Linienführung des Pieces.
Ich zeige Zuggraffiti in alltäglichen Momenten, die jeder von uns erleben kann oder schon erlebt hat.

Wieso hast du dich dazu entschlossen deine Bilder zu veröffentlichen? Von dem was du schreibst, unterscheidet es sich von anderen Publikationen. Wen soll das Buch ansprechen?

Für mich ist eine Publikation immer auch ein gelungener Abschluss, denn in ihr stehen die Fotos in einem eigens dafür geschaffenen Kontext. So können sie eine durchaus größere Kraft entwickeln, als wenn sie nur für sich stehen würden. Zwar wurden einige von meinen Fotos schon in Magazinen abgedruckt, aber so richtig zufrieden war ich mit dem Ergebnis selten. Grund war der Kontext, in dem die Bilder standen. In klassischen Graffitimagazinen liegt der Fokus darauf möglichst viele ungesehene Pieces gut und neutral fotografiert abzubilden. Dies widerstrebte immer schon meinen Ansporn rauszugehen. Ich wollte ja die komplette Atmosphäre einfangen und nicht nur das Graffiti abfotografieren. Mit dem Buch möchte ich zeigen, dass es auch anders geht und man nicht immer das komplette Piece sehen muss. Dass eine Bahn quer durch die Stadt fährt und praktisch sekündlich einen anderen Hintergrund hat. Aber ich möchte auch die Reaktionen der Menschen zeigen. Mit meiner Herangehensweise will ich meine Faszination für Zuggraffiti vermitteln und auch Leute ansprechen, die sich weniger mit dem Thema auseinandersetzen. Aber es soll ebenso ein Buch für die Szene sein.

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Wie lange dokumentierst du bereits Graffiti auf Zügen? Gibt es besondere Spots die du immer wieder auf suchst?

Ich dokumentiere Graffiti seit etwa 15 Jahren. Das Fotografieren von Zügen wurde erst in den letzen Jahren spannender für mich, nachdem ich begann, mich intensiver mit der Fotografie auseinanderzusetzen. Besondere Spots, die ich immer wieder besuche, gibt es eigentlich nicht. Ich probiere immer neue Winkel und Sichtweisen zu fotografieren.

Was ist das Besondere an Graffiti auf Zügen? Und was an Wänden?

Zum einen ist es die zeitliche Komponente. Ein bemalter Zug fährt vielleicht einen Tag, manchmal auch etwas länger. In dieser Zeit muss der Schuss im Kasten sein, eine erneute Chance gibt es nicht mehr. Zum anderen ist der Zug in Bewegung, man kann also frei wählen, welchen Hintergrund man fotografieren möchte. Zu guter Letzt kann man auch noch den technischen Aspekt nennen. hier können durch Belichtungszeit/Blende weitere Akzente gesetzt werden. Es gibt also eine Menge Potenzial, das man als Fotograf nutzen kann. Graffiti auf Wänden ist in meinen Augen genauso spannend, denn hier gibt es so viele verschiedene Strukturen und Oberflächen, die bemalt werden können. Und auch hier spielt die zeitliche Komponente eine Rolle – nur genau im Gegenteil. Wenn ein Bild lange steht, kann es sich durch Witterungsbedingungen verändern, andere Pieces gesellen sich dazu, vielleicht wird es auch übermalt oder die Wand komplett abgerissen.

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Spotter und Fotografen gibt es sicherlich so lange wie es Graffiti gibt. Siehst du dich in einer besonderen Tradition? Wurdest du in deiner Fotografie beeinflusst? Hast du Vorbilder?

Ich habe großen Respekt vor Bruce Davidson. Gerade in seinem Buch “Subway” sind sehr beeindruckende Fotos zu sehen. Sein Blick für die Details fasziniert mich immer wieder. Aber auch Martha Cooper hat mit Ihren Fotos Großes geleistet und mich sehr beeindruckt. Von den deutschen Fotografen sind es unter anderem Hans-Christian Schink und Jürgen Große, die mich mit Ihren Herangehensweisen beeindrucken und sicherlich auch beeinflussen.

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Der Einband des Buches sieht eher schlicht, aber zudem sehr edel aus. Das Buch ist mit 3 verschiedenen Aufklebern beklebt. Erzähle bitte mal etwas über die Qualität des Drucks, die Auflage und Layout.

Der Fokus liegt auf den Fotos, daher habe ich bewusst sowohl das Layout als auch das Cover schlicht gestaltet. Geordnet sind die Fotos chronologisch nach Aufnahmeuhrzeit. Beginnend morgens um 6:16 Uhr und endend mit einer Aufnahme von 22:48 Uhr. Jedes Buch kommt mit einem von 3 Stickern. Diese sind jenen nachempfunden, die von den Bahnfahrern gerne in die Pieces geklebt werden. Normalerweise ist hierfür nur der neongelbe Aufkleber vorgesehen (“Dieser Wagen wurde mutwillig beschmutzt/beschädigt”). Ein witziger Nebeneffekt: Auch die nicht dafür vorgesehenen neonorangenen und blauen Exemplare (“Türstörung” und “Wagen nicht geheizt”) werden fröhlich auf die Pieces geklebt. Deshalb wird es auch diese geben. Gedruckt wird das Buch auf ungestrichenem Papier. Die Auflage wird aufgrund des Budgets verhältnismäßig klein ausfallen. Die Anzahl an Vorbestellungen + ca. 25% davon. Jeder, der sich ein Buch sichern möchte, sollte am besten vorbestellen, damit wir es in die Auflage mit einkalkulieren können!

Das Buch gibt es im VVK für 38 Euro und später im Laden dann für 45. Wie kommt die Differenz zu Stande?

Natürlich würde ich das Buch auch gerne preiswerter anbieten, aber für die kleine Auflage und den hohen Qualitätsanspruch ist es ein sehr fairer Preis. Den Interessierten, die mir ihr Vertrauen vorab entgegenbringen und die Wartezeit auf das Buch in Kauf nehmen, möchte ich dafür im Preis entgegenkommen. Alle weiteren Besteller, zahlen den regulär kalkulierten Verkaufspreis. Außerdem soll das Buch nach Erscheinen auch in lokalen Graffiti- und Bücherläden angeboten werden. In welchen Läden genau FARBZÜGE erhältlich sein wird, wird dann auf HITZEROT zu sehen sein.

Das Buch wird unterstützt durch HITZEROT. Wer oder was ist HITZEROT und welche Funktion haben sie bei deiner Veröffentlichung?

Hitzerot ist jetzt ganz neu entstanden. Es ist eine Mischung aus Verlag und Vertieb. Grundgedanke dahinter ist es mit ausgewählten Leuten qualitativ hochwertige Druckwerke zu schaffen, diese umfassend vorzustellen und über den Shop zu vertreiben. Alle Autoren werden wie ich einen Graffitibackground haben bzw. gehabt haben. In meinem Fall kam ich mit den Layouts an und wir haben dann zusammen das chronologische Konzept ausgearbeitet. Danach gab es eine klare Richtung und ich konnte noch gezielter Fotos machen gehen. Mit dem fertigen Ergebnis haben wir dann mehrere Dummies auf dem finalen Papier produzieren lassen. Wichtig für mich war auch, dass ich nicht selbst den Vertrieb machen muss. Den logistischen Aufwand unterschätzen glaube ich viele – Bestellungen bündeln, Geld sammeln, Verpacken, Frankieren und Verschicken. Und so ist nur der optimale Weg, was ist wenn ein Paket verschollen geht oder kaputt ankommt? Bei diesen ganzen Angelegenheiten unterstützen mich die Jungs von Hitzerot.

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Aufgrund der aufwendigen Verarbeitung des Buches, werden in einer ersten Auflage nur knapp über der vorbestellten Menge produziert. FARBZÜGE kostet im VVK 38 und später im Laden (wenn denn noch Ausgaben vorhanden sein sollten) 45 Euro. Vorbestellt werden kann es hier.

FRABZÜGE
Größe: 29 x 23 cm
Umfang: 144 Seiten
Erscheinungsdatum: voraussichtl. 15. Juni 2015
Cover: Graupappe mit Aufkleber
Bindung: Offene Bindung mit schwarzem Faden

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