
Da ich nun mittlerweile sehr oft das Thema in Diskussionen mitbekommen habe und auch bemerken konnte das reichlich Unklarheit darüber herrscht (hallo Ralf) hier nochmal ein kurzer Artikel von mir zum Thema „Graffitibekämpfungsgesetz“.Die Frage ob dieses Gesetz deutschlandweit tatsächlich juristisch relevant geworden ist bleibt unklar. Wer dahingehend etwas findet kann mich gern entsprechend kontaktieren. anway, der Deutsche Bundestag beschloss am 17. Juni 2005 nach jahrelanger Diskussion das sogenannte Graffitibekämpfungsgesetz. Davor war die Rechtslage so, dass Graffiti nur bestraft werden konnte, wenn eine Verletzung der Substanz des Untergrundes durch das Graffiti erfolgte. Die
alte Rechtslage könnt ihr ausführlich
hier [112 KB] nachlesen – dürfte aber niemanden mehr interessieren. Auf den Punkt gebracht hiess es darin:
„Im Ergebnis wird Graffiti jedenfalls von den Gerichten verfolgt. Die einen sagen, eine bloße optische Veränderung der Sache reicht noch nicht für eine Strafbarkeit, es würde an der Substanzverletzung fehlen. Anders aber, „wenn die Brauchbarkeit der Sache zu Ihrem bestimmten Zweck beeinträchtigt wird“, so der Bundesgerichtshof. Beispiel: Sprayen auf die Scheiben eines Gewächshauses: dies ist nicht wegen der lediglich optischen Veränderung strafbar, sondern deshalb, weil wegen der Farbe kein Licht mehr durch die Scheiben fallen kann, was ja gerade der Zweck eines Gewächshauses ist. Ansonsten verlangt die Justiz eine sog. Substanzbeeinträchtigung. Diese liegt vor, wenn die überdeckende Substanz (Farbe) sich so mit der Sache verbindet, dass eine Entfernung nur mit einem sehr großen Aufwand oder unter Eingriff in die Substanz möglich ist. Ausnahmen hiervon: Bei Gegenständen, Gebäuden, in denen das äußere Erscheinungsbild der besprühten Sache eine ganz wesentliche soziale Funktion darstellt: Denkmäler, Schilder, Plakate, Kirchen u.ä., das Sprayen ist hier strafbar, es genügt die optische Veränderung.“
weiter heisst es:
„Allein aus dieser Diskussion ergibt sich, dass es nicht ganz so einfach ist, Graffiti unter den Sachbeschädigungsbegriff einzuordnen. Jeder Fall ist anders und muss genau geprüft werden. Dazu bedarf es oft Gutachter (teuer!) und Fachmänner (z.B. Rechtsanwalt).“
Deshalb versuchte die Opposition in Berlin (damals noch CDU/CSU und FDP), den § 303 StGB durch ein Graffitibekämpfungsgesetz um das Merkmal des Verunstaltens zu erweitern. Dann würde eindeutig jede Verunschönerung oder auch Verschönerung bestraft werden können – also auch ohne Substanzverletzung! Dies war aber damals zur aktuellen politischen Situation im Bundestag nicht erwünscht – SPD und GRÜNE lehnten diese Verschärfung ab. Die bayerischen Staatsanwälte jedenfalls verfolgten schon weit früher fast immer Graffiti, wenn ein Tatnachweis geführt wurden konnte – egal ob Kunst oder Schmiererei, sprich die bayrische Justiz hatte längst ihre eigene Rechtssprechung gefunden. Doch kommen wir zurück zum Thema. Am 14.07.2005 vertiefte der Bundestag nochmals die Problematikmit der Veröffentlichung dieses
PDFs. Darin wird zusammegefasst:
„Es geht um die Frage nach der Definition der Erheblichkeit, die gerade bei Graffitis Schwierigkeiten bereitet. Das in den letzten Jahren verstärkt aufgetretene Scratching, das mit zunehmender Häufigkeit auf den Fensterscheiben öffentlicher Nahverkehrsfahrzeuge festzustellen ist, erfüllt jedenfalls den Tatbestand des Beschädigens. Die Graffitis im Sinne des allgemeinen Sprachgebrauchs werden jedoch meist durch Bemalen, Besprühen, Bekleben oder Beschmieren auf festem Untergrund aufgebracht. Nicht immer tritt dadurch eine Substanzverletzung ein (z.B. bei glatten Unterflächen wie Glas oder Metall). Denn diese erfordert die Beschädigung der Oberflächenbeschaffenheit aufgrund der Einwirkung durch den Täter oder infolge der Wiederherstellung des ursprünglichen Zustandes. Kann das Graffiti beispielsweise nur durch aggressive, ätzende Lösungsmittel oder durch Sandstrahl entfernt werden, wird häufig eine Substanzverletzung eintreten.“
Der Nachweis der Substanzverletzung wiederum erforderte in der Praxis teure Involvierung von Sachverständigen. Dieser Kostenaufwand hat meist den tatsächlichen Streitrahmen weit überzogen. Deshalb wurde am
08.09.2005 der
Gesetzentwurf vom 19.04.2005 für die Neuerung der § 303 des Absatzes 2 Strafgesetzbuch wie folgt verabschiedet:
§ 303 Sachbeschädigung
(1) Wer rechtswidrig eine fremde Sache beschädigt oder zerstört, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.
(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt das Erscheinungsbild einer fremden Sache nicht nur unerheblich und nicht nur vorübergehend verändert.
(3) Der Versuch ist strafbar.
§ 303 Abs. 2: Eingef. durch Art. 1 Nr. 1 Buchst. a G v. 1.9.2005 I 2674 mWv 8.9.2005
§ 303 Abs. 3: Früher Abs. 2 gem. Art. 1 Nr. 1 Buchst. b G v. 1.9.2005 I 2674 mWv 8.9.2005)
Eingefügt wurde der Abstatz 2 (rot). Jetzt reicht es, wenn man nach dem Sprayen die Farbe auf dem Untergrund
sieht (was ja der eigentliche Sinn von Graffiti ist). Auch aus diesem verabschiedeten Gesetzentwurf geht nicht klar hervor was „
nicht nur unerheblich“ und was „
nicht nur vorübergehend“ bedeutet. Die Gerichte äußern sich dazu verschieden. Ich denke allerdings, dass die die Einschränkung
„unbedeudend“ und
„vorübergehend“ nur ein juristisches Feigenblatt war. Dies ergibt sich jedenfalls aus der Idee zur Gesetzesänderung. Fakt ist jedenfalls,
dass seit 8. September 2005 im Prinzip jedes Graffiti strafbar ist.
Ich habe nun lange und vergeblich nach einem Resumee des Bundesministerium für Justiz gesucht. Nach mittlweile über 2 Jahren Praxis konnte ich nur den Blogeintrag von Joachim Sokolowski (Rechtsanwalt) finden und dem dazugehörigen Link zur sehr unklaren Evaluierung der BMJ. In seinem Blogeintrag heisst es:
„Nach einer Verlautbarung des Bundesjustizministeriums vom 4. Dezember 2007 sollen die Änderungen der §§ 303, 304 StGB die strafrechtliche Ahndung von Graffiti erheblich erleichtert haben. Seit der Neuregelung der §§ 303, 304 StGB, die die Sachbeschädigung bzw. die Gemeinschädliche Sachbeschädigung regeln, genügt es, wenn das Erscheinungsbild der jeweils geschützten Sache erheblich und nicht nur vorübergehend verändert wird. Auf eine Substanzverletzung kommt es, entgegen der bis dahin geltenden Rechtslage, nicht mehr an. Die Anforderungen an den Nachweis einer Sachbeschädigung durch Farbschmierereien sind damit wesentlich erleichtert worden. Die Länder hätten die neuen Vorschriften mehrheitlich begrüßt und eine insgesamt positive Bilanz zur Strafverfolgung von Sachbeschädigungen durch Graffiti gezogen. Ob durch die Neuregelung auch das Problem Graffiti eingedämt werden konnte ist der Evaluierung der BMJ nicht zu entnehmen. Der Erfolg des Gesetzes word also offensichtlich nur an Akzeptanz in der Justiz gemessen.“
Im Leitsatz des Urteils heisst es:
„Zwar handelt es sich bei den von dem Angeklagten besprühten bzw. bemalten S- und U-Bahnwaggons sowie Gleisrückwänden von U-Bahnhöfen um Gegenstände, welche zum öffentlichen Nutzen dienen. Jedoch reicht die Beschädigung der Substanz derartiger Gegenstände zur Erfüllung des Tatbestandes einer gemeinschädlichen Sachbeschädigung nicht aus. Vielmehr muß die Einwirkung gerade die besondere (öffentliche) Funktion der Sache beeinträchtigen, deren Schutz § 304 StGB bezweckt. Daran aber fehlt es vorliegend. Da sowohl die Gleisrückwände ihre Funktionsfähigkeit behielten als auch die U- und S-Bahnwaggons weiterhin zur Beförderung benutzt werden konnten, stellt das Besprühen von Gleisrückwänden sowie U- und S-Bahnen keine gemeinschädliche Sachbeschädigung dar. „
Doch dieses neue Graffitibekämpfungsgesetz bleibt verwirrend, das beweist die Veröffentlichung des Artikels „
Verunstaltung durch Sachbeschädigung“ von Frau Barbrara Uduwerella. Wer sich dazu mehr Informationen einholen will sollte sich an die Sachverständige
Barbara Uduwerella aus Hamburg wenden. Sie ist seit eh und je Anlaufstelle für derartige Fragen, überlegt euch jedoch bitte vorher wie und mit welchen Fragen ihr Frau Uduwerella konfrontiert. Bedeutet – vorher informieren und wenn dann noch was unklar ist hier Ihre
Website. Dort findet man im Übrigen sehr interessante GBG Stellungnahmen von ihr und einen Graffiti Glossar
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